Donnerstag, 26. Februar 2009

Katsuhiro Otomos episodische eigenheiten

memories Film: Memories (メモリーズ)

Medium: DVD, deutsch bei Sony Pictures

Laufzeit: 110 min

Regie: Koji Morimoto, Tensai Okamura, Katsuhiro Otomo

Genre: episodisch, SF

Wertung: 7/10

Katsuhiro Otomo kennt man im Westen ja vor allem für seinen Manga und Anime-Meilenstein 'Akira'. 1995 erschien ein weiteres Projekt, das auf seinem Manga-Schaffen aufbaut und drei Kurzgeschichten, realisiert von drei verschiedenen Regisseuren, unter dem Titel 'Memories' vereint.

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Den Anfang macht Koji Morimoto mit der Geschichte 'Magnetic Rose' (彼女の想いで), deren Script von Satoshi Kon (u.a. 'Paprika', 'Millennium Actress') stammt, was sich auch bald bemerkbar macht. In der Zukunft treffen wir auf eine Gruppe von Müllsammlern im Weltall, die ein Notsignal empfangen und gezwungen sind, ihm auf den Grund zu gehen. Zwei der Space-Cowboys betreten eine scheinbar verlassene Raumstation und finden sich plötzlich inmitten einer prunkvollen Schloss-Szenerie wieder. Doch die ist, wie fast alles dort, nur eine holografische Projektion. Es sind Erinnerungen einer künstlichen Intelligenz, einer ehemaligen Opernsängerin, die auch zugleich die Funktionen der gesamten Station in ihrer Hand hält. Die beiden arglosen Helfer werden in ihre bewegte Geschichte eingesogen, bis schließlich ihre Zeit knapp wird, denn das ganze Gebilde ist reichlich instabil.
Die Art, wie die Szenarien der Erinnerungen zusammenbrechen, Albträume entfalten und die kalte, abgewrackte Cyberpunk-Welt bloß geben, nur um sie dann wieder von neuem zu umspinnen: das ist schon absolut typisch für Satoshi Kon; auch wenn die Geschichte selbst von Otomo stammt. Das Segment bleibt dabei spannend, großartig bebildert und eindeutig das emotional ansprechendste der drei Kapitel.

Es folgt die wohlklingend 'Stink Bomb' (最臭兵器) betitelte Geschichte unter der Regie von Tensai Okamura. Ihr fällt die Rolle des lustigen, wenn auch nicht direkt leichtfüßigen Mittelteils zu. Im Mittelpunkt steht ein Angestellter einer biologischen Forschungseinrichtung, der von den Kollegen den tollen Tipp bekommt, gegen seine Erkältung doch mal das Mittelchen vom Schreibtisch des Chefs zu probieren. Leider greift er zum falschen Glas und gerät unbemerkt an ein geheimes Forschungsprojekt: die Pille verwandelt ihn in eine biologische Waffe. Sämtliche Menschen in seiner Umgebung rafft es dahin, während er einen unglaublichen Gestank verbreitet. Und er selbst merkt davon rein garnichts. Er macht sich auf nach Tokyo, während das japanische Militär mit allen Mitteln versucht, den armen Kerl unschädlich zu machen. memo2
Die Story ist ungewöhnlich, jedoch auch eher flach im Vergleich zur vielschichtigeren ersten Geschichte. In erster Linie gibt es hier schwarzen Humor, unterstrichen von eher rustikalem Characterdesign, und jede Menge Action. Nun mag man mich steinigen, aber ich fand schon bei Akira die endlosen Explosionen, Mutationen und was nicht sonst noch auf Dauer ein wenig langatmig und fühlte mich hier entsprechend ähnlich (Akira bleibt natürlich ein toller Film). Als lockerer Mittelteil aber recht nett, man bleibt zumindest neugierig, wie es ausgeht für den bemitleidenswerten Protagonisten... und die japanische Bevölkerung.

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Zum Abschluss nimmt Otomo selbst Platz im Regiestuhl und baut mit 'Cannon Fodder' (大砲の街) die dünnste Geschichte mit den dicksten Bauklötzen. In einer wahnsinnig detaillierten Steampunk-Kulisse verfolgt er eine dreiköpfige Familie, die in einer Stadt lebt, die seit unbestimmter Zeit mit einer anderen Stadt im Krieg steht. Gekämpft wird mit riesigen Kanonen, dort arbeitet der Vater. Die Mutter sehen wir in der Waffenfabrik; der Sohn geht zur Schule und lernt dort die Physik der Kanonen. Das Bild des Krieges als nicht mehr hinterfragten Dauerzustand gelingt Otomo großartig: im Fernsehen läuft neben dem aktuellen Kriegsgeschehen „die Kanonenfamilie“ im Kinderprogramm. Der Sohn findet sie dämlich, fragt seinen Vater: „Gegen wen kämpfen wir eigentlich?“. „Das verstehst du, wenn du älter bist.“.
Neben dem groben, aber unheimlich schwelgerischen Zeichenstil ist außerdem beeindruckend, wie Otomo ohne Schnitte auskommt. Die Kamera zoomt, fährt, gleitet einfach von einer Szene in die nächste, als wäre die ganze Geschichte ein einziger, 21 Minuten langer Take. Das fördert zwar nicht die Aufmerksamkeit, ist aber dennoch eine bemerkenswerte Leistung, die auch mal wieder das Potenzial von Animation an sich aufzeigt. Kein Feuerwerk der Emotionen oder vielschichtigen Charaktere, aber dennoch ein gelungener Abschluss dieser Episodentrilogie.

Das deutsche Release von Sony Pictures bietet als Extra ein Making Of und ist auch in einer 3er DVD-Box zusammen mit Satoshi Kons „Tokyo Godfathers“ und Otomos „Steamboy“ aufgelegt worden.

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Zuletzt aktualisiert: 5. Sep, 12:45

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content: Philipp Klueglein 2006-2013
Fonts used: Baskerville, Futura, 'Cardboarder' by kix, 'Frigate True Type Katakana 3D'

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