Samstag, 16. Mai 2009

Urlaub vorm Bildschirm

nanatsushima Spiel: Nanatsu Kaze No Shima Monogatari (七つ風の島物語)

Konsole: Sega Saturn

Version: jap.

Erschienen: 1997

Genre: Adventure

Wertung: 8/10

Ich komm ja immer mehr auf den Trip, mir Spiele auszusuchen die mir stimmungsmäßig was bieten und detaillierte 2D-Grafiken haben bei mir sowieso nen Stein im Brett. Kein Wunder, dass dieses feine Adventure den Weg in meine Sammlung finden musste! In Zusammenarbeit mehrerer Entwicklerstudios entworfen und von Enix veröffentlicht, finden wir hier einen weiteren nur in Japan erschienenen Saturn-Klassiker.

Am Anfang war das Ei. Ihr seid live dabei, wenn der Hauptcharakter Garp, eine leicht tollpatschig aussehende Mischung aus Mensch und Drache, das Licht der Welt erblickt und seltsamerweise sofort sprechen, laufen und sowieso alles kann. Oder schläft er in einem Ei? Nun ja, ein schwarzes Wesen fegt euch von der hohen Plattform und Garp pflanzt sich erstmal ein Baumhaus, in dem ihr fortan haust, speichert und ins schlaue Buch guckt. Jenes Buch bietet neben einem tatsächlich ins Spiel integrierten Lexikon auch eine Niederschrift eurer Geschichten, so dass ihr nach längerer Spielpause wieder hineinfindet und nach zusätzlichen Tipps suchen könnt. Ausgehend von hier erkundet ihr die Insel der sieben Winde.

Meist erscheint zu Beginn des Kapitels ein neuer Charakter oder Gegenstand, der euch vor neue Aufgaben stellt. Obwohl eure Aktionen begrenzt sind, kann man an manchen Stellen durchaus eine Weile grübeln. Garp selbst kann außer urtypischen Handlungen wie herumlaufen, springen, sprechen und im Inventar wühlen immerhin auch Werkzeuge nutzen, um Insekten zu fangen oder eine Runde angeln zu gehen. Zu weiteren Werkzeugen gehört später eine Windflöte, mit der ihr nach und nach die sieben verschiedenen Winde erlernt und anwenden dürft. Der lilane Wind zeigt beispielsweise vormals Verborgenes auf, mit dem grünen durchwuschelt ihr die Botanik und so weiter. Außerdem habt ihr noch drei verschiedene Helferlein, die euch durch die Luft tragen und Bäume oder Felsen aus dem Weg räumen. Auf diese Weise lernt ihr immer mehr von der Insel kennen. kisuke

Die Spielewelt ganz kennenzulernen ist für mich in jedem gut designten Spiel einer der größten Reize, und hier wird dies wahrlich zu einem Genuss. Wunderschöne und teil-animierte Hintergründe, die der in anderen Titeln oft vorherrschenden Sterilität ein pralles Leinwand-Leben entgegenstellen, ergänzen sich mit gleichzeitig seltsamen und eigenartig schönen Charakteren. Die Grundstimmung wird oft mit Ghibli-Filmen verglichen und tatsächlich kommt der mysthische Wind, die immer präsente Anderweltigkeit diesem Vorbild recht nah. Da jeder Bildschirm kurz einzeln geladen wird und man erst bei circa zwei Dritteln der Spielzeit eine Art Teleport-Möglichkeit bekommt, ist man in gemächlicher Spielweise geradezu gezwungen, das Spiel wie eine Gallerie von Kunstwerken zu durchwandern. Es liegt sogar eine zweite CD bei, auf der sich jede Menge concept art befindet und die den hohen visuellen Qualitätsanspruch unterstreicht. Umso minimalistischer verhält es sich mit dem akustischen Bereich, in dem oft nur einige Soundeffekte und Variationen des Hauptthemas die Stille durchbrechen. Die überdeutlich hörbaren Schritte stören dabei etwas.

Als Adventure, das oft verlangt ambivalente Aussagen beziehungsweise Tipps der Inselbewohner zu deuten und die richtigen Items zu präsentieren, ist der Titel leider denkbar ungeeignet für Spieler ohne Kenntnisse der japanischen Sprache. Auch ich fand ich mich öfter eine halbe Stunde umherirrend vor, da ich einen Satz nicht genau genug gelesen hatte. Immerhin ersetzt das Spiel viele Kanji durch eine Katakana-Umschrift, so dass man mit Grundkenntnissen, Geduld und Wörterbuch bewaffnet sicher durchkommt. Oder es schreibt mal jemand einen Walkthrough, wobei schlicht einem Faden zu folgen natürlich den Reiz des Genres nimmt. Obwohl ich einige Male durch etwas verdrehte Logik oder unerwartete Genauigkeitsansprüche ziellos umherirrte, fand ich das Spielerlebnis insgesamt erfrischend und lohnend. Ein wenig wie diese alten Grafikadventures, die Urlaub vorm Bildschirm versprachen aber selten dabei so viel Atmosphäre transportieren. nanatsu2

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Als Ergänzung zu den eher humor-orientierten westlichen Adventures auf dem Saturn wie Discworld oder Blazing Dragons (noch ein Drache als Hauptfigur) hätte sich Nanatsu Kaze sicher gut gemacht im Westen, so bleibt es mal wieder ein Fall für Schatzgräber. Ein Geheimtipp ist es allerdings nicht mehr, so dass man hier mit etwas höheren Preisen rechnen muss als sonst bei textintensiven japanischen Spielen üblich.

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Status

Online seit 6274 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 5. Sep, 12:45

Credits

content: Philipp Klueglein 2006-2013
Fonts used: Baskerville, Futura, 'Cardboarder' by kix, 'Frigate True Type Katakana 3D'

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