Die Stadt, das Leben
Film: Tekkon Kinkreet (鉄コン筋クリート) Medium: DVD, deutsch bei Sony Pictures Laufzeit: 106 min Regie: Michael Arias Genre: kaleidoskopisch (Drama?) Wertung: 10/10 |
これはだれの町でもねい。
„Diese Stadt gehört niemandem.“ Und jeder will sie. Takaramachi heißt das Viertel, ein paar historische Gebäude, billige Fressbuden, Pachinkosalons. Ein bisschen wie Asakusa in Tokyo, eine bunte Welt im Kleinformat, Shitamachi jedenfalls. Die weniger gut Gestellten Bürger teilen sich Takaramachi mit Bettlern, Yakuza, Straßengangs und Waisenkindern. Shiro und Kuro sind eigentlich das, Waisenkinder, aber natürlich keine gewöhnlichen. Kuro („schwarz“) scheint das Produkt der Stadt zu sein: gewalttätig, gerissen, innerlich ein wenig verbittert. Shiro („weiß“) wirkt wie eine Antithese, ein Kind von geradezu anstrengender Reinheit, intaktem Gewissen und überbordender Fantasie. Wie sollte es anders sein, sie können nicht ohne einander. Doch die Stadt entzweit sie.
そこから何が見える。
„Was kannst du von dort aus sehen?“ Takaramachi wird zu dem Angelpunkt der Geschichte von Kuro, Shiro und einer Vielzahl von weiteren Charakteren, die in der Stadt auf der Suche sind. Nach Ruhe, Glück, Geld, Macht, der eigenen Vergangenheit oder einem Ausweg. Sie ist nicht bloß Bühne für einen Episodenfilm; ohnehin ist hier alles zu verstrickt um Episodenhaftigkeit zu riskieren. Die Motive überkreuzen sich, widerstreben sich wie die Charaktere Shiro und Kuro, für deren so dringend notwendige Verbindung die Stadt zunehmend zum Nemesis wird. Kuro hat die fehlenden Schrauben zu Shiros Herz, der Zuschauer bei jedem Sehen seine eigenen Schrauben, die den Film auf neuen Ebenen funktionieren und wirken lassen. Und das inmitten eines Filmes, der Gangster, rotznasige Kinder und geschwungene Eisenstangen präsentiert.
Die Hintergründe aus der Feder Kimura Shinjis sind umwerfend, sie vermitteln genau das Gefühl von Leben und Relevanz, das Takaramachi braucht. Darüber die ungewöhnlichen Characterdesigns, die an den Mangaursprung der Geschichte erinnern und mehr als einmal gestalterische Einfälle, wie sie das Animegenre wohl seit Jahren nicht gesehen hat. Nicht zu vergessen, der veredelnde Soundtrack der britischen Band Plaid. Tekkon Kinkreet ist vielleicht der große moderne Animeklassiker dieses Jahrzehnts.
sutereo - 30. Okt, 21:28
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