Obscure MD und Madou Monogatari
Seit zwei oder drei Jahren liebe ich nichts mehr an Retrospielen, als die Möglichkeit nach Schätzen zu graben: solchen Schätzen, die vor etlichen Jahren im fernen Japan das Licht der Welt erblickten und auf wundersame Weise heute den Weg zu Sammlern auf der ganzen Welt finden. Obskure Module, zu denen man im Internet mitunter kaum Feedback findet, sind dabei immer eine verlockende Gemeinheit. Zwar kosten sie im Gegensatz zu Nippon-only-Klassikern wie Twinkle Tale oder Battlemania ("wer verkauft sie mir für nen Fuffi?") meist nur wenige Euronen im landestypisch perfekt minten Zustand, dafür weiß man aber auch nicht wirklich was einen erwartet. Wie viele anzügliche Mah Jong Simulationen wohl schon wegen ihrer Cover ihr Heimatland verlassen durften, um dann selbst für einen einstelligen Preis ein Feuer der Enttäuschung zu entfachen? Es lockt aber die Möglichkeit, etwas zu finden was zu einem "eigenen" Spiel wird, von dessen Qualität oder gar Existenz nur eine verhältnismäßig kleine Gruppe etwas weiß.
Vor einigen Wochen ersteigerte ich mir ein kleines Päckchen aus vier japanischen Spielen für mein geliebtes Mega Drive. Darunter neben Assault Suit Leynos (Schwierigkeitsgrad: unmenschlich?!), Shin Chan (noch ungespielt) und Fushigi No Umi No Nadia (*gäähn*) ein ziemlich günstiges Exemplar von Madou Monogatari I.
Dass hier Qualität zu erwarten war, ließ mich schon der Firmenname hoffen: Compile versorgten das MD nicht nur mit dem genialen Shooter Musha Aleste, sondern auch mit dem wohl besten Knobler überhaupt, der Puyo Puyo Serie. Im Westen ist der schwächere Klon "Dr Robotniks Mean Bean Machine" zwar bekannter, doch erfunden und besser umgesetzt wurde das suchtgefährende Spielprinzip von Compile. Eine Besonderheit der Serie ist dabei, dass um's geschickte Bohnenkombinieren ein ganzes Universum mit eigenen Geschichten und irrwitzigen Charakteren gestrickt wurde. Nicht zuletzt daran dürfte es liegen, dass sich manch einer in die Spiele verliebt hat.
Ehe ich mich zu weiteren Recherchen aufmachte, ging ich davon aus, dass der Erfolg der Serie später Spinoffs im Rollenspielgenre nach sich zog. Tatsächlich liegt aber der Ursprung und somit auch die Erschaffung der Charaktere im dreiteiligen Madou Monogatari Rollenspiel, das als fünf Discs umfassendes Monster 1988 für das in Japan populäre Heimcomputersystem MSX erschien. Umsetzungen gab es reichlich für Segas weniger populären Game Gear, die PC Engine bekam auch einen Teil und schließlich wurde das Mega Drive mit Teil 1 bedacht. Außerdem gibt es noch weitere, deutlich anders gestaltete Madou Monogataris für das SNES und den Sega Saturn, um die Verwirrung komplett zu machen. Nicht schlecht find ich auch das Release vom MD-Ableger: 1996 erschienen, macht es den unscheinbaren Titel tatsächlich zum letzten offiziellen Mega Drive Spiel in Japan, nachdem die Konsole dort schließlich schon seit 1988 erhältlich war!
Die Zufallskämpfe unterscheiden sich auch vom Genre-Einmaleins. Um Gegner anzugreifen haltet ihr die A-Taste und gebt anschließend mit dem Steuerkreuz eine Kombination ein, die dann den entsprechenden Zauberspruch ("Faiaa", "Hiiringu" oder "Aisu Stoomu", wakaru?) auslöst. Springen und verteidigen könnt ihr ebenfalls. Das ganze ist zwar äußerst simpel, geht aber auch ebenso flott und macht durchaus Spaß, zumal ihr relativ schnell hochleveln könnt und solltet zu Beginn.
Die Grafik ist dabei zwar Umgebungs-bedingt etwas eintönig, sonst aber Compile-typisch liebevoll gestaltet. Wie schon bei Puyo Puyo Tsu bekommt man natürlich auch viele Sprachsamples um die Ohren gehauen. Vor allem der Compile-Ruf vor dem Startscreen lässt den MD-Soundchip mal wieder zum Kultobjekt avancieren. Dreht lieber nicht zu laut auf! Wirklich bemängeln kann ich an dem Spiel dreierlei: 1) Wer nicht halbwegs fortgeschrittene Japanischkenntnisse hat, kann es eigentlich vergessen, da im Internet null Hilfestellung zu finden ist und man sonst keine Ahnung hätte, was zu tun ist. 2) Man weiß auch mit Sprachkenntnissen manchmal nicht, was zu tun ist. Das Verständnis von Spieldesign war damals halt ein anderes, und so bedarf es mitunter hoher Logikbegabung, des Rätsels Lösung zu finden. Dabei sollte schließlich 3) die Karte helfen, welche im Grunde auch echt gut gefällt. Nur ist sie unkomplett. Leitern, die Stockwerke verbinden fehlen darauf genauso wie Kennzeichnungen für Türen, die spezielle Schlüssel brauchen etc. Wer kein Superbrain hat, darf also ganz oldschool Karten auf dem karierten Block zeichnen.
Im Grunde ist das Spiel also umständlich, leicht monoton und in Sachen Durchspielen für mich aussichtslos. Aber was soll ich sagen? Ich finde es klasse! Die Anleitung ist auch wieder wunderbar gestaltet und da man ständig speichern kann, ist zumindest dem Frust über starke Gegner ein Riegel vorgeschoben. Der blinde Griff ins Obskuritäten-Regal kann sich also doch hin und wieder lohnen. Wer tatsächlich diesen ganzen Beitrag gelesen hat, darf sich dafür ein Puyo nehmen.
Vor einigen Wochen ersteigerte ich mir ein kleines Päckchen aus vier japanischen Spielen für mein geliebtes Mega Drive. Darunter neben Assault Suit Leynos (Schwierigkeitsgrad: unmenschlich?!), Shin Chan (noch ungespielt) und Fushigi No Umi No Nadia (*gäähn*) ein ziemlich günstiges Exemplar von Madou Monogatari I.
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Spiel: Madou Monogatari I (魔導物語I) Konsole: Sega Mega Drive Version: jap. erschienen: 1996 Genre: RPG Wertung: 7/10 |
Dass hier Qualität zu erwarten war, ließ mich schon der Firmenname hoffen: Compile versorgten das MD nicht nur mit dem genialen Shooter Musha Aleste, sondern auch mit dem wohl besten Knobler überhaupt, der Puyo Puyo Serie. Im Westen ist der schwächere Klon "Dr Robotniks Mean Bean Machine" zwar bekannter, doch erfunden und besser umgesetzt wurde das suchtgefährende Spielprinzip von Compile. Eine Besonderheit der Serie ist dabei, dass um's geschickte Bohnenkombinieren ein ganzes Universum mit eigenen Geschichten und irrwitzigen Charakteren gestrickt wurde. Nicht zuletzt daran dürfte es liegen, dass sich manch einer in die Spiele verliebt hat.
Ehe ich mich zu weiteren Recherchen aufmachte, ging ich davon aus, dass der Erfolg der Serie später Spinoffs im Rollenspielgenre nach sich zog. Tatsächlich liegt aber der Ursprung und somit auch die Erschaffung der Charaktere im dreiteiligen Madou Monogatari Rollenspiel, das als fünf Discs umfassendes Monster 1988 für das in Japan populäre Heimcomputersystem MSX erschien. Umsetzungen gab es reichlich für Segas weniger populären Game Gear, die PC Engine bekam auch einen Teil und schließlich wurde das Mega Drive mit Teil 1 bedacht. Außerdem gibt es noch weitere, deutlich anders gestaltete Madou Monogataris für das SNES und den Sega Saturn, um die Verwirrung komplett zu machen. Nicht schlecht find ich auch das Release vom MD-Ableger: 1996 erschienen, macht es den unscheinbaren Titel tatsächlich zum letzten offiziellen Mega Drive Spiel in Japan, nachdem die Konsole dort schließlich schon seit 1988 erhältlich war!
Die Zufallskämpfe unterscheiden sich auch vom Genre-Einmaleins. Um Gegner anzugreifen haltet ihr die A-Taste und gebt anschließend mit dem Steuerkreuz eine Kombination ein, die dann den entsprechenden Zauberspruch ("Faiaa", "Hiiringu" oder "Aisu Stoomu", wakaru?) auslöst. Springen und verteidigen könnt ihr ebenfalls. Das ganze ist zwar äußerst simpel, geht aber auch ebenso flott und macht durchaus Spaß, zumal ihr relativ schnell hochleveln könnt und solltet zu Beginn.
Die Grafik ist dabei zwar Umgebungs-bedingt etwas eintönig, sonst aber Compile-typisch liebevoll gestaltet. Wie schon bei Puyo Puyo Tsu bekommt man natürlich auch viele Sprachsamples um die Ohren gehauen. Vor allem der Compile-Ruf vor dem Startscreen lässt den MD-Soundchip mal wieder zum Kultobjekt avancieren. Dreht lieber nicht zu laut auf! Wirklich bemängeln kann ich an dem Spiel dreierlei: 1) Wer nicht halbwegs fortgeschrittene Japanischkenntnisse hat, kann es eigentlich vergessen, da im Internet null Hilfestellung zu finden ist und man sonst keine Ahnung hätte, was zu tun ist. 2) Man weiß auch mit Sprachkenntnissen manchmal nicht, was zu tun ist. Das Verständnis von Spieldesign war damals halt ein anderes, und so bedarf es mitunter hoher Logikbegabung, des Rätsels Lösung zu finden. Dabei sollte schließlich 3) die Karte helfen, welche im Grunde auch echt gut gefällt. Nur ist sie unkomplett. Leitern, die Stockwerke verbinden fehlen darauf genauso wie Kennzeichnungen für Türen, die spezielle Schlüssel brauchen etc. Wer kein Superbrain hat, darf also ganz oldschool Karten auf dem karierten Block zeichnen.
Im Grunde ist das Spiel also umständlich, leicht monoton und in Sachen Durchspielen für mich aussichtslos. Aber was soll ich sagen? Ich finde es klasse! Die Anleitung ist auch wieder wunderbar gestaltet und da man ständig speichern kann, ist zumindest dem Frust über starke Gegner ein Riegel vorgeschoben. Der blinde Griff ins Obskuritäten-Regal kann sich also doch hin und wieder lohnen. Wer tatsächlich diesen ganzen Beitrag gelesen hat, darf sich dafür ein Puyo nehmen.

sutereo - 29. Feb, 20:17