Dienstag, 20. Dezember 2011

Text, Bild und Aberglaube in japanischen uke-e 有卦絵

Hier mal ein kleiner, wie ich finde ziemlich spannender Blick auf die so genannten uke-e 有卦絵, die in Japan von der Bunka-Zeit (1804-1818) bis zur Bakumatsu-Zeit (1853-1867) in Mode waren. Es handelte sich hier um Bilder, die geneigte Bürger kauften und ihr Haus damit schmückten, um das Glück sozusagen einzuladen. Für Anhänger des onmyôdô 陰陽道 (auch mal als "Weg von Yin und Yang" übersetzt) wechselten sich sieben Jahre des Glücks mit fünf weniger vielversprechenden Jahren ab. Eigentlich besagt der Brauch, sieben Gegenstände zu sammeln, die mit der Silbe fu beginnen: wie ein japanisches Wort für Glück, fuku 福. Damit sich das Glück auch nicht verirrt, stecken die diesem Brauch entsprechenden Bilder voller Symbolik und Schrift, welche jedoch über das Glücksschwein hierzulande in ihrer Komplexität hinausgehen.

Das Bild links (thumbnail)* zeigt eine recht kursive Schreibweise des Zeichens fuku 福. Besser gesagt, die Striche des Zeichens werden durch eine Anhäufung bildlicher Darstellungen erzielt. Die sieben mit fu beginnenden Gegenstände, die hierfür genützt werden, sind:

Beutel (fukuro 袋)、die Fischart Karausche (funa フナ) 、die Pflanzenart Glyzinie (fuji no hana 藤の花), ein Pinsel (fude 筆), ein Brief oder Schriftstück (fumi 文), eine Kürbisflasche (fukube 瓢), und schließlich eine Flöte (fue 笛). Das Bild lässt sich in die Kategorie der yosemono 寄せ物 einordnen, also Bilder, in denen ein darzustellender Gegenstand (oder ein Lebewesen) durch eine Anhäufung vieler kleinerer Gegenstände (oder Katzen, Menschen...) zusammengesetzt wird. In diesem Fall steht das entstandene Schriftzeichen im Vordergrund.


Ein anderes Verhältnis von Text und Bild zeigt ein weiteres Beispiel der glücksbringenden Bilder auf. Hierbei handelt es sich um die Darstellung einer so genannten fukusuke-Puppe (die Silben fuku beinhaltet der Name nicht um sonst) durch den Künstler Utagawa Yoshifuji.

Zunächst ist natürlich auffällig, dass kein Schriftzeichen, sondern eine Puppe dargestellt wird. Hierfür werden jedoch mitunter die Techniken der yosemono verwendet. So zeigen sich bei genauerem Hinsehen auch hier viele Gegenstände, die mit fu beginnen. Die Augenbrauen sind aus Pinseln (fude), während die Augen aus den berüchtigten Kugelfischen (fugu 河豚) bestehen. Als Nase jedoch wird schlichtweg das Silbenzeichen für den Laut aus dem hiragana-Zeichensatz genutzt, nämlich wie zu sehen: ふ. Ein Fall für Fortgeschrittene ist der Text, der in den Falten der Kleidung versteckt, jedoch einigermaßen gut erkennbar ist: kanowo fukusuke かのをふくすけ. Ich vermute, dass es sich um ein kleines Wortspiel handelt, bei dem der fukusuke-Puppe der Nachname Kanô gegeben wird. Eine mögliche Schreibweise für diesen ist 叶, das als Verb kanau gelesen so viel bedeutet wie 'sich erfüllen'. Neben der Technik der yosemono kommt hier noch jene der mojie 文字絵 zur Anwendung, bei der Schriftzeichen zu einem Bild zusammengesetzt werden oder in einem Bild versteckt werden (wie hier in den Falten der Kleidung).


Noch ein Wort zu Kugelfischen und Glück in Form einer gewitzten Sprachspielerei:
「世の中は澄むと濁るの違いにて、福に徳あり、河豚に毒あり」
"yo no naka wa sumu to nigoru no chigai nite, fuku ni toku ari, fugu ni doku ari"
Übersetzung: "In dieser Welt findet sich im Unterschied zwischen Klarheit und Trübung: im Glück die Tugend, im Kugelfisch das Gift" **
Das macht in der Übersetzung nun gar keinen Sinn. Entscheidend ist hier die Ebene der Silbenschrift: aus dem Wort fuku, welches in Silbenschrift als ふくzu schreiben ist, wird mittels zweier Strichlein fugu: ふぐ. Diese kleine phonetische Veränderung nennt man im Bereich der Schrift nigoru 濁る, das Zeichen wird also "getrübt", während es ohne die Strichlein gewissermaßen "klar" (sumu 澄む) ist. So wird mittels des feinen Unterschieds aus dem Glück schnell der Kugelfisch, mit fatalen Folgen, wie uns dieses Sprichwort lehrt: im einen ist die Tugend (toku とく), im anderen das Gift (doku どく).
Übrigens werden in grafisch aufgemachten Schriftzeichen diese Strichlein gerne mit Bildern ersetzt. Doch dazu vielleicht ein andern Mal mehr.

* Bilder aus Inagaki Shin'ichi (1988) Edo no asobie 江戸の遊び絵, Tôkyô Shoeski Verlag
** Beispiel aus Ono Mitsuyasu (2010) Kotoba to moji no yûenchi ことばと文字の遊園地, Shintensha Verlag; Übersetzung durch mich

Sonntag, 23. Oktober 2011

スーファミの日記その第1: SNES-Diary I: Zuckerschock

Ehe ich mir selbst ein Jahr Inaktivität vorwerfen muss, werfe ich mal eben einen Beitrag rein zu dieser Konsole, die ich erst jetzt wirklich kennenlerne. Früher hatte ich kein SNES und somit gibt es für mich viel 16-Bit-Geschichte nachzuholen.

cotton 100%cover Spiel: Märchen Adventure Cotton 100% (コットン100%)

Konsole: Super Famicom

Version: jap.

Erschienen: 1994

Genre: Cute em Up

Wertung: 7/10

Die kleine Hexe Cotton beehrte in den 90ern so manche Plattform mit bunter Balleraction. Sega schien ihr dabei am liebsten gewesen zu sein, während Nintendo sich mit einem einzigen Auftritt auf dem Super Famicom zufrieden geben musste. Da dieser auch nicht als Bester der Reihe gilt, gibt’s das Spiel auch komplett zu humanen Preisen (ganz im Gegensatz zu den gehypten Mega Drive- und Saturn-Versionen). So wählte ich als Einstieg diesen Teil und wurde angenehm überrascht.

Die Story dreht sich um Cottons Leidenschaft für Süßwaren, welche sie auf die Jagd nach den Willows genannten Leckereien führt. Zudem gibt es da noch die böse Doppelgängerin, welche Cotton finden muss um ihren Ruf zu wahren. Man kennt das ja. Begleitet wird sie von der Fee Silk (oder Shiruku?), welche euch im Spiel ihre Artgenossen zur Seite stellt als fleißig feuernde Helferlein. Als klassisches, seitwärts scrollendes Shoot em Up hält sich Cotton nicht auf mit anderen Spielzielen, als die heranstürmende Feindesschaar abzuschießen. Für ein wenig Taktik und geschickteres Vorgehen sorgt das System für Power Ups. Wie in einem Rollenspiel gibt es einen Balken, der eure erhaltenen Erfahrungspunkte anzeigt. Ist dieser gefüllt, geht’s ein Level rauf und der Schuss wird stärker. Gefüllt wird der Balken aber nicht nur durch Dezimieren der Feinde, sondern auch durch Einsammeln von Diamanten, die diese fallen lassen. Bringt man diese Diamanten zudem mit einigen Schüssen zu roter Farbe, erhält man noch viel mehr Erfahrungspunkte. Da jedoch ein Schuss zu viel die Diamanten wieder zum normalen Zustand zurückkehren oder ganz zerfallen lässt und zudem auch die Feinde abgehalten werden wollen, ergibt sich ein risikoreiches Spiel. Man muss sich ständig entscheiden, ob man sicher spielt und sich mit kleinen Schritten zufrieden gibt, oder sich gefährlich vorwagt um einen dicken roten Diamanten einzusacken. cotton screenshot 1

cotton screenshot 2

Ein ähnliches Feature bietet zwar auch die Twinbee-Reihe, doch ist Cotton nicht gar so hektisch, so dass es hier etwas besser funktioniert Als Extrawaffen sammelt man obendrein Magieknödel, mit der eine von drei wählbaren offensiven oder defensiven Waffen verwendet wird und die ebenfalls halbwegs strategisch einzusetzen sind. Zudem wird die Umgebung in Cotton mehr mit einbezogen: Wände und Gegenstände ragen ständig in den Spielbereich, wirken bei Kollision aber nicht wie in den meistern Shootern tödlich. Nimmt man noch die versteckten Extraleben hinzu, ergibt sich ein leicht an Jump n Runs erinnerndes Spielgefühl.

Ebenfalls zu diesem Spielgefühl beitragend sind die herrlich bunten Level, welche zwar die übliche Palette von Wald, Lavahöhle, Unterwasserlevel etc. bieten, dabei aber einfach schön anzusehen sind. Tatsächlich kann das bunte Treiben schon mal unübersichtlich werden, was wohl auch ein Grund dafür ist, dass das Spiel sehr sparsam mit Projektilen ist. Dies wiederum ist einer der Gründe, wieso Cotton mit den Standard-Einstellungen ziemlich einfach durchzuspielen ist. Extraleben gibt’s genug, dazu drei Continues und für ganz Faule noch ein Schild unter den Magie-Anwendungen, welches das Spiel sehr erleichtert Mit Letzterem wird gar ein 1CC (Durchspielen ohne ein Continue zu nutzen), ganz untypisch für das Genre, auch für den Durchschnittsspieler realistisch.

cotton packshot Während der vergleichsweise niedrige Schwierigkeitsgrad anderswo angekreidet wird, empfinde ich ihn aber als angenehme Abwechslung zum sonst so harten Shooter-Alltag ;). So mag zwar Ikaruga ein unumstrittenes Meisterwerk sein (um mal Horizontal-Äpfel mit Vertikal-Birnen zu vergleichen), doch im Sinne von sorgenfreiem, harmlosem Spaß für Zwischendurch würde ich eher Cotton einschmeißen. Mit der Jagd nach dem Highscore lässt sich für den günstigen Preis allemal genug Spaß haben. Mit dabei ist übrigens, wie auf dem Foto zu sehen, eine dieser Mini-CDs. Mit denen kann man moderne Slot-Laufwerke schrotten, aber sich auch an zwei cheesy J-Pop-Stücken, einer Comedy-Nummer und einem Instrumental erfreuen. Der Spiele-Soundtrack war da ehrlich gesagt Ohrwurm-verdächtiger, aber es ist ein nettes Kuriosum. Wer Cute em Ups, den bunten und süßen Verwandten der seriösen Shooter, etwas abgewinnen kann, der sollte sich Cotton 100% durchaus mal näher angucken. Günstiger als der Rest der Serie ist es allemal.

Berühmt ist die Serie übrigens auch für die Teebecher, die als meist stark limitiertes Merchandise erhältlich waren und heute absurde Sammlerpreise erzielen. Auf dieser Seite gibt es davon so einige zu bewundern.

Sonntag, 5. Dezember 2010

Ich hab ein knallrotes Gummiseil

umihara kawase cover Spiel: Umihara Kawase (海腹川背)

Konsole: Super Famicom

Version: jap.

Erschienen: 1994

Genre: Platformer/ "rubbering action game"

Wertung: 8/10

16 Jahre ist es her, da erschien in einem fernen Land ein Spiel, programmiert von einem winzigen Entwicklerstudio namens TNN („Think about Needs of Notice for human being“...) und veröffentlicht von NHK, dem japanischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Seither wurde der Super Famicom Titel zu einem echten Kultspiel, das im Jump n Run Genre nahezu einzigartig ist und Spieler zum Schwärmen und Fluchen bringt. Was aber ist so außergewöhnlich an Umihara Kawase?

Im Prinzip bleibt es den Genrewurzeln treu. Das titelgebende Mädchen ist auf unerklärte Weise in einer surrealen Welt voller an Land umherwandernder Meerestiere gelandet. Es gilt, sich diesen zu entledigen und auf dem Weg zu einem der Levelausgänge das unwegsame Terrain zu überwinden. Neben einem eher kurzen Sprung hat die Protagonistin aber noch ein besonderes Werkzeug im petto: einen Enterhaken mit Gummiseil. Damit können nicht nur Gegner betäubt und aus dem Weg geräumt werden, sondern natürlich auch mit der Umgebung in vielfältiger Weise interagiert werden. Sich an einigen Stellen hochzuziehen oder herabzulassen ist einfach und nicht unbekannt aus manch anderem Spiel, auch Lianen-Schwingaktionen kennt man bereits seit 8-Bit-Tagen, etwa aus Bionic Commando. Die Physik des Gummiseils jedoch macht hier den Spielwitz aus; sorgt je nach Stand eures Könnens für Momente der Frustration oder der Freude. Durch gezieltes Schwingen und Verlängern und Verkürzen des Seils könnt ihr euch an vormals undenkbaren Stellen entlanghangeln, ja geradezu nach vorne katapultieren. Das Leveldesign geht damit Hand in Hand und ermöglicht aberwitzige Abkürzungen, verlangt gar an manchen Stellen Aktionen, die in Sachen Schwierigkeitsgrad aus heutiger Sicht verblüffend sind. umihara kawase screenshot 1

umihara kawase screenshot 2

Es ist die Mischung aus kreativen Möglichkeiten, gnadenlosem Anspruch und dem eigenen Fortschritt im Umgang mit dem Werkzeug, der Umihara Kawase auf Ebene des Gameplays so reizvoll macht. Hinzu kommt die Spielewelt, welche grafisch auf dem Super Famicom zwar bestenfalls durchschnittlich, jedoch auch eigenartig anziehend ist. Die Level sind sehr blockig (dem Gameplay geschuldet) und bieten euch beispielsweise übergroßes Gemüse oder Schreibwaren vor einem Hintergrund, der wohl aus digitalisierten und dabei ziemlich verpixelten Fotos besteht, und harmloser Dudelmusik zur Untermalung. Die Gegnerschar mit den umherwatschelnden Fischen tut ihr übriges. Überhaupt sind fischige Gegner in Videospielen ja immer gut. Auch wenn hier erwähnt werden muss, dass ihr Auftauchen gleichzeitig mein größter Kritikpunkt am Spiel ist. Als wären die brutalen Leveldesigns nicht genug, erscheinen die Gegner ständig aus dem Nichts, teilweise gar in Gruppen und auf kleinsten Plattformen oder direkt vor euch. Ist ihr Erscheinungspunkt allzu nah an der Spielerfigur, werden sie zwar zurückgezogen (was an sich schon komisch programmiert ist), doch ergeben sich trotzdem zuweilen fiese bis unfaire Situationen. Vor allem mehreren Gegnern auf einmal seid ihr schlicht nicht gewachsen, da euer Haken immer nur den vordersten Gegner trifft und ihr ihn nur erledigen könnt, indem ihr ihn bis zu euch heranzieht. Zu allem Überfluss bedeutet jede Berührung eines Feindes den Verlust eines Lebens; kleine Gegner oder Projektile lassen euch hingegen derart über den Bildschirm taumeln, dass ihr meist im nächsten Abgrund landet.

Außerdem wäre es trotz der ohnehin kurzen Dauer des Spieles nett gewesen, wenn man irgendeine Möglichkeit hätte zu speichern oder wenigstens einen Cheat zum Level auswählen. Was euch dennoch zum immer wieder Spielen motiviert ist neben dem originellen Gameplay und immer neuen Abkürzungen die Tatsache, dass das Spiel nicht linear ist. Viele Level bieten mehrere Ausgänge, welche euch dann auch auf einen anderen Pfad des Spieles bringen. Der Abspann läuft dann anscheinend nach einem gewissen Level des jeweiligen Pfades ab. Ich sage „anscheinend“, denn auch nach mehreren Wochen Übung ist es mir noch nicht gelungen, einen Pfad zu beenden. Obwohl man eigentlich in einigen Minuten durchkommen könnte, bietet euch der Schwierigkeitsgrad hier auch auf lange Sicht Unterhaltung, zumal ihr immer noch versuchen könnt, auf Zeit zu spielen. Hier kommt auch der eingebaute Speicher ins Spiel: während Spielstände darauf nicht verewigt werden, könnt ihr mehrere Replays von besonders schnell erledigten Levels speichern und immer wieder ansehen. Auf youtube gibt’s natürlich auch die üblichen wahnwitzigen Speedruns zu bewundern.

Die Beliebtheit des Spiels hat immerhin für ein Sequel gereicht, welches unter dem Namen Umihara Kawase Shun für die PlayStation erschien. Beide Spiele wurden später als Collection für die PSP zusammengefasst, welche allerdings sehr fehlerhaft und daher nicht empfehlenswert sein soll. Jünger ist die Umsetzung für den Nintendo DS, die wie man liest gut gelungen ist. Das Originalmodul fürs Super Famicom samt Verpackung und Anleitung wird im Westen recht teuer gehandelt, da das Spiel eben Kultstatus hat, nicht außerhalb Japans erschienen ist und Preise für komplette SFC-Games eh bekloppt sind. Wer irgendwie die Möglichkeit hat, sollte es sich in Japan kaufen lassen, wo ich nach einigem Suchen für etwa 3500¥ fündig geworden bin. Das ist zwar auch nicht arg billig, aber das Spiel ist es meiner Meinung nach absolut wert, Teil einer jeden Sammlung zu werden, sofern man Spaß an Herausforderungen hat und originelle Spiele zu schätzen weiß.

Donnerstag, 9. September 2010

Günstig gut ballern auf dem Saturn? Hier Bitte!

layer section cover Spiel: Layer Section (レイヤーセクション)

Konsole: Sega Saturn

Version: jap.

Erschienen: 1995

Genre: Shoot em Up

Wertung: 9/10

Segas Saturn ist ein echtes Powerhouse im 2D-Bereich. Kein Wunder, dass vor allem im Shooter-genre bergeweise Umsetzungen von Arcadetiteln und beachtliche Eigenentwicklungen erschienen. Der Haken: nicht wenige der Toptitel kosten euch 50€ aufwärts, beim allseits bekannt-gehypten Radiant Silvergun wird es gar dreistellig. Doch ein paar Knaller verstecken sich auch in den untersten Preisregionen. Einer davon ist ganz klar Layer Section von Taito, eine Arcadeumsetzung (wo das Spiel Ray Force hieß) von 1995. Wer nicht die Möglichkeit hat, die hier vorgestellte Japanfassung abzuspielen, hat ausnahmsweise sogar die Wahl einer PAL-Version, diesmal unter dem Namen Galactic Attack. Ach so, in europäischen Arcades gab es das ganze auch noch als Gunlock. Man konnte dem Spiel scheinbar garnicht genug Namen geben.

Generell gibt es bei einem Shooter natürlich weder viel Story (obwohl die Anleitung vier Seiten davon bietet – wen's interessiert...) noch allzuviel grundlegendes Gameplay zu erklären. Layer Section ist ein Vertikalscroller, das heißt dass der originale Automat in der Spielhalle einen senkrecht aufgestellten Monitor hatte. Im Spiel habt ihr die Wahl, diesen Modus auszuwählen und euren Fernseher um 90° zu drehen (wovon zumindest bei Röhrenfernsehern abgeraten wird), oder den Saturnmodus zu wählen und mit einem entsprechend eingeschränkten Bildbereich zu leben. Das Spiel setzt euch nun mit vier Credits aus in das sieben Level lange Ballerspektakel. Klingt nach einem kurzen Spiel? Ist es auch, klar, denn welcher Shooter fesselt schon durch seinen Umfang an den Bildschirm? Es sind die vier Credits, die hier zu beachten sind. Die ist der durchschnittliche Spieler nämlich spätestens in Stage 4 los, wo der Schwierigkeitsgrad merklich anzieht. Von da an geht das alte Spielchen mit den Shootern los: mit wiederholtem Spielen kommt man immer leichter durch die ersten Level, hat an den späteren Problemstellen mehr Leben zu verprassen und lernt dabei diese Stellen auch immer besser kennen, so dass man sich schrittweise mit jedem Versuch vorarbeitet. Die Zahl der Credits hat man dabei bestimmt mit Bedacht gewählt. Für mich waren sie nach vielen Spielstunden gerade genug, um endlich den Abspann zu sehen. Eine altmodische Art des Gameplays, aber eine, die auch im Jahre 2010 wunderbar funktioniert, wenn das Spiel an sich gut gemacht ist. layer section screenshot 1

layer section screenshot 2

Und Layer Section ist sehr gut gemacht. Das Gameplay bietet im wahrsten Sinne des Wortes Tiefe: Nicht nur unmittelbar vor euch auftauchende Gegner nehmt ihr ins Visier, auch am Boden befindliche Ziele solltet ihr schnellstmöglich erledigen, wenn ihr nicht in einen noch größeren Kugelhagel geraten wollt. Dazu habt ihr vor dem Schiff ein kleines Zielkreuz, das jeden Gegner bei Berührung als Ziel aufschaltet. Auf Knopfdruck lasst ihr dann auf die aufgeschalteten Ziele euren Laser los. Viele Gegner nähern sich auch erst aus dem Hintergrund um euch dann im Vordergrund zu nerven. Frühzeitiges Erledigen per Laser und ständiges Beachten zweier 'layer' sind damit neben schnellen Reflexen und Levelkenntniss der Schlüssel zum Sieg. Wer zudem auf eine hohe Punktezahl schielt, sollte stets möglichst viele Feinde aufschalten, ehe er den Laser freigibt. Die Einbindung von Tiefgang, ohne auf aufgesetzte Scoremechanismen zurückzugreifen, ist hier hervorragend gelungen.

layer section screenshot 3 Während es an sämtlichen alternativen Spielmodi oder ähnlichem mal komplett fehlt, hat Taito zumindest einen Zweispielermodus mit eingebaut. Grafisch wird euch reinste, detaillierte 2D-Grafik geboten, die mir persönlich sehr gut gefällt. Eine sehr feine Idee ist auch, dass die Level alle zusammenhängen. Statt wie oft das Gefühl zu haben, irgendwo irgendwelche Dinge abzuschießen, präsentiert sich Taitos Shooter als eine durchgehende Reise, in der ihr vom Weltall aus bis ins Zentrum einer Stadt vordringt. Bei einem Game Over zeigt eine Grafik, wie weit ihr es geschafft habt. Ein kleines Detail, aber es trägt doch zur Stimmung bei. Musikalisch hat Taitos bekanntes Studio Zuntata wieder einen leicht umstrittenen Beitrag geleistet. Sicher kein Jahrhundert-Soundtrack, aber eine gute Mischung atmosphärischer und antreibender Klänge passend zum Spielgeschehen.

Auch wenn die Ausstattung – ein maximal minimalistischer Arcadeport ohne jegliche Extras – nicht gerade berauschend ist, machen die dichte Atmosphäre, der fordernde Schwierigkeitsgrad (den ihr auch erhöhen könnt) und ein tiefes wie intuitives Gameplay Layer Section zu einem Muss für jeden Freund altmodischer 2D-Ballereien.

Montag, 23. August 2010

Ja, mir san mim Radl da

road rash 2 cover Spiel: Road Rash 2

Konsole: Sega Mega Drive

Version: jap.

Erschienen: 1992

Genre: Rennspiel

Wertung: 8/10


Obwohl ich doch der Meinung bin, dass der Übergang der Spielewelt ins Dreidimensionale vor allem dem Rennspiel-Genre geholfen hat, suche ich hin und wieder bewusst den Charme eigentlich zweidimensionaler, aber Dreidimensionalität vorgaukelnder 16 Bit Racer. Auf dem Mega Drive habe ich eine Liebe zu Yu Suzukis Überklassiker Out Run entwickelt, doch im Sinne der Abwechslung wanderte ganz schnell ein Road Rash 2 über die Ladentheke von Akihabaras Mandarake-Laden, als ich den günstigen Preis erspähte. 1992 von Electronic Arts veröffentlicht, markiert das Spiel den mittleren und beliebtesten Teil der Trilogie auf dem Mega Drive. Später folgte ein dreidimensionaler Ausflug auf dem 3DO, Saturn und PlayStation, sowie eine seltsam anmutende N64-Episode. Danach verschwand die Serie von der Bildfläche, was vielleicht auch ganz gut so ist, wenn man EAs Sequelwut bedenkt, die mittlerweile z.B. geschätzte drölftausend Need for Speed Episoden zeitigte.

Bei Road Rash geht’s um illegale Motorradrennen auf natürlich öffentlichen Straßen, auf denen ihr mit harten Bandagen versucht, euch gegen 14 Konkurrenten durchzusetzen und die Preisgelder der vorderen Plätze zu kassieren. Mit der Kohle kauft ihr euch neue fahrbare Untersätze, die ihr mit jedem Levelaufstieg bitter benötigen werdet. Habt ihr euch nämlich auf den fünf Strecken qualifiziert, geht es ein Level höher mit längeren Versionen der Strecken, fieseren Gegnern und Polizisten, mehr Verkehr und Hindernissen auf der Strecke und so weiter. Allgemein sind Amerikas Straßen hier in einem Besorgnis erregenden Zustand. Absperrungen, Gerümpel und festgenageltes (vor Angst erstarrtes?) Wild säumen die Strecken. Zum Glück ist die Steuerung sehr direkt und macht schnelle Ausweichmanöver möglich, wenngleich nicht einfach. Zum einen werfen euch allzu ruppige Lenkversuche bei hohen Geschwindigkeiten flugs vom Gefährt, zum anderen wollt ihr auch nicht mit den anderen Fahrern zusammenstoßen, da ihr fast immer den Kürzeren zieht. road rash 2 screenshot 1

road rash 2 screenshot 2

Eine Besonderheit der Strecken ist auch das vertikale Element, das auch in Out Run nicht derart stark integriert war. Andauernd geht es auf und ab; ihr springt über Kuppen und hofft, nicht im Gegenverkehr zu landen. Während das den dreidimensionalen Effekt merkbar verstärkt, leidet die Sicht extrem. Hinter Kuppen plötzlich auftauchende Hindernisse (vor allem Gegenverkehr) sind an der Tagesordnung und geben euch vor allem auf den späteren, schnelleren Levels praktisch keine Reaktionszeit. So spielt das Glück leider im späteren Spielverlauf keine geringe Rolle. Auch die Gegner können gewaltig nerven. Im Vergleich zum Erstling neu hinzugekommen ist die Möglichkeit, nicht mehr nur Fausthiebe und Tritte zu verteilen, sondern den Gegnern auch mit Schlagstock oder einer sehr wirksamen Kette zuzusetzen, sobald ihr sie einem der Gegner abgeluchst habt. So ist es sogar möglich die Gegner komplett vom Gefährt zu holen (oder sie euch). Nicht jeder rückt euch aber so sehr auf den Pelz. Alle Gegner haben Namen und stehen unterschiedlich zu euch, was dem Spiel Tiefe und Persönlichkeit gibt. Je nach Situation liegen dann auch Schadenfreude und Frusterlebnisse nah beieinander. Für wahnwitzige Situationen ist allemal gesorgt. Mein persönliches Highlight war, kurz vor Ende eines Rennens mit mehreren Nitroschüben vom fünften auf den ersten Platz zu schießen, meine Maschine an einem Hindernis zu zerstören und dabei aber selbst nach dem Aufprall bis ins Ziel zu fliegen, was selbstredend auch noch gewertet wurde. Wer liebt solche Momente nicht?

Die fünf Level addieren sich zu 25 Rennen, die ihr meistern müsst um den Abspann zu sehen. Klingt nach wenig, doch sind meistens (und vor allem im letzten Level) wirklich viele Versuche nötig bis ihr es ganz nach vorne schafft. Zerstörte Maschinen oder Strafzettel zehren an eurem Konto, das bei 0 angekommen ein Game Over einläutet. Besser also nach jedem gewonnenen Rennen das Passwort notiert und schon kann stressfrei immer und immer wieder probiert werden. Da auch nicht qualifizierte aber halbwegs gute Platzierungen Kohle einbringen, habt ihr zumindest nicht das Gefühl komplett stillzustehen. Erst ganz am Ende kann doch Frust aufkommen.
An mehrere Modi für zwei Spieler per Splitscreen hat EA auch gedacht. Auf diese hatte ich mich besonders gefreut, musste aber leider feststellen, dass die ohnehin nicht immer tolle Bildrate hier noch mehr leidet und schon fast zur Diashow wird. Wirklich schade! Immerhin lässt sich auch abwechselnd spielen. Das Spiel gestaltet sich grafisch sonst zudem ein wenig pixelig, doch die hohe Geschwindigkeit lässt dies auf dieser Hardware verschmerzen. Ziemlich cool finde ich die Musik mit ihrer Nutzung von Bass und Schlagzeug. Der Song auf dem Titelscreen klingt fast nach Joy Division. Kein absolutes Highlight in der Mega Drive Bibliothek, aber schon unter den besseren Soundtracks.

Zusammenfassend ist Road Rash 2 ein hervorragender Racer, der seinen Mangel an Fairness durch Adrenalinschübe wieder wett macht, lange an die Konsole fesseln kann und somit in jede gut sortierte Mega Drive Sammlung gehört.

Donnerstag, 4. Februar 2010

Helden mit Knarzgitarren: Polvo

polvo-today's active lifestyles Polvo - Today's Active Lifestyles

Label: Merge

Spielzeit: 42 min

Polvo ist spanisch für „Staub“ und da passt es irgendwie, dass ich meine erste Platte der Band in einem jener second hand Plattenläden erstanden habe, in denen man nach dem Durchblättern der Tonträger immer einen Staubfilm auf den Fingern hat, und in denen es überhaupt riecht nach Plattenläden: nach Pappe und Staub. Normalerweise finde ich in dem Laden so gut wie nichts, aber an jenem Tag erblickte ich den Namen Polvo, mit dem ich irgendwie gute Assoziationen verband. Es muss wohl daran liegen, dass man öfter im Zusammenhang mit Sonic Youth von ihnen lesen kann, hatten sie doch einen ähnlich experimentellen Gitarrensound. Als ich die Platte, Cor-Crane Secret von 1992, dann zu hause das erste Mal spielte, ließ mich der Song Can I Ride erstarren: das kenne ich doch! Wie so oft in diesen Fällen aus einem ein Skatevideo, das ich wohl mit etwa 15 Jahren gesehen haben musste. Auf einmal steht die Band einem schon näher.

Letzten Monat kam dann mein zweites Album der Band ins Haus: Today's Active Lifestyles von 1993. Beim ersten Durchhören fühlte ich mich zwar durchweg unterhalten (und fing nicht an, nebenbei im Internetz zu stöbern oder mit ähnlichen ablenkenden Handlungen), war vielmehr mit Stirnrunzeln beschäftigt. Vom Debut zum zweiten Album kantiger und undurchsichtiger zu werden widerspricht den musikalischen Standardregeln, aber bitte, ich folge diesen Herren gerne. Der Mathrock-Sticker haftet nun besser auf der angekratzten Oberfläche aus schrägen Gitarrenstimmungen (von denen man nie genug haben kann, die sind wie Käse), Tempowechseln aus der Genre-Formelsammlung (die sie selbst mitgeschrieben haben) und überhaupt einem nun sprungfreudigeren, mobilen Songwriting. Für letzteres sind ja die wiederholten Hördurchgänge da, und siehe dort: Der polvosche Masterplan geht meist auf.

Nicht zuletzt haben sie auch ihre Sensibilität für Indierockperlen mit eingeflochten. Hier erinnert mich vieles an Sebadoh: die gründlich gerupften tollen Melodien, 90er Slackertum, die Stimme sogar, und die Rausch-Rumpel-Produktion, hier von Shellacs Bob Weston, der in diesem Fall entweder nicht die korrekten Mittel hatte oder zu oft mit Noisekumpel und Bandkollege Steve Albini Bier trinken war. Klingt jedenfalls nicht besonders räumlich, eher zusammengepresst und staubtrocken, aber immerhin mit schönem Akzent auf den Gitarren. Wo Polvo doch schließlich eine Gitarrenband sind. Ich will das Rhythmusduo damit nicht abwerten, denn diesen störrischen Gitarreneskapaden hier einen Rahmen zu geben ist sicher auch eine Wissenschaft an sich. Der leicht lethargische Gesang geht unter all dem ohnehin unter, was aber auch mit den Charme des Sounds ausmacht. Zudem haben sie es noch geschafft, Ohrwürmer ohne Refrains zu schreiben und kehren dabei ihre Ideen selbstbewusst unter den Krachteppich, wo man sie dann selbst suchen darf, wenn man sich durch eigentlich unmögliche Arrangements gewühlt hat.

Ein weiterer Vorzug des Albums ist der Abwechslungsreichtum, in dem es seinen schon raketenhaften Vorgänger letztlich aussticht. Am nähesten zu Sebadoh steht sicher das fast klassisch geradeaus gespielte Time Isn't On My Side, akzentuiert mit ein paar knarzigen Elektrobleeps. Auf den Spuren von Slints Spannungsbögen wandeln etwa das grandiose Stinger (Five Wigs) und das finale Gemini Cusp. Lazy Comet flirtet mit Orientalia und trödelt dabei vor sich hin, ehe ein stop-and-go-Rhythmus das Ruder in die Hand nimmt und den Song nach vorne scheucht. Aber eigentlich muss man für die Essenz der Band nicht weiter als zum Opener Thermal Treasure gehen, der sich schön dynamisch durch seine Puzzleteile windet, sich zehn mal selbst resettet, Sägegitarren auffährt und schließlich abraucht. Die Mischung aus frischen Ideen und dem Drang, den vielen Richtungswechseln zu folgen, machen aber ohnehin das ganze Album zu einer wahren Freude mit nur wenigen Momenten, in denen die Spannung beim um die Ecke denken unter den Tisch fällt.

Hochverdiente 8/10 mit Tendenz nach oben

Dienstag, 26. Januar 2010

Mother 3: Itois RPG-Kunstwerk

mother 3 cover Spiel: Mother 3

Konsole: Gameboy Advance

Version: jap.

Erschienen: 2006

Genre: Rollenspiel

Wertung: 9/10


Seit ich vor einigen Jahren recht spät mein erstes Rollenspiel (ausgerechnet Final Fantasy VIII) verschlungen habe, hat das Genre einen festen Platz in meiner Sammlung und meinen Spielgewohnheiten. Ein Rollenspiel ist für mich gemütliche Abwechslung zu hektischen Actiontiteln. Hat man ein bis zwei RPGs gespielt, sind die Grundmechaniken und ungeschriebenen Gesetze des Genres verinnerlicht. Dazu noch die paar Feinheiten des aktuell im Modul- oder CD-Schacht sitzenden Spieles erlernt und schon findet man sich einer im Grunde repetitiven Schleife der selben Tätigkeiten wieder: reden, einkaufen, Dungeons erforschen, kämpfen und Storysequenzen gucken. Es liegt dann an der Ausführung des entsprechenden Titels, ob man bereit ist, die üblichen 30 bis über 100 Stunden seines Lebens dafür zu opfern. Sympathische Charaktere, eine Geschichte voller Plot-Twists oder philosophischen Auswucherungen, eine motivierende Spielmechanik mit vielen Geheimnissen und taktischen Kämpfen... solche Attribute helfen dabei, auch den zwanzigsten Anlauf zur Rettung der Welt noch unterhaltsam zu gestalten. Mother 3 schlüpft in das Genrekostüm, allerdings nicht ohne es vorher nach eigenen Vorlieben umzunähen. Der Schneider hört auf den Namen Shigesato Itoi und hat nun einen neuen Fan.

Mother 3 ist kein episches Schlachtengemälde, kein an Komplexität überbordendes Werk. Es wird mit seinem Vorgänger gerne als das Spiel zitiert, das am nähesten zu Literatur steht. Das könnte auch an Itois literarischem Background liegen, der übrigens vor allem als Journalist bekannt ist, befreundet ist mit Haruki Murakami und mit diesem bereits eine Textsammlung geschrieben hat. Und so ist die Narrative die treibende und strukturgebende Kraft in diesem Spiel. Das fängt schon damit an, dass das Spiel in acht Kapitel unterteilt ist, wobei man zu Beginn in jedem Kapitel einen anderen Charakter spielt. Es gibt erstmal keinen klassischen Hauptcharakter, um den sich innerhalb von fünf Stunden die Gruppe formiert und alsdann die Welt retten geht. Die Charaktere treffen und trennen sich wiederholt, und zum Kreis der mit eigenem Kapitel bedachten Personen gehört auch schonmal ein Affe. Erst spät im Spiel bildet sich eine Art klassische Rollenspiel-Story heraus, die eure Gruppe zusammenwachsen und gegen das Böse antreten lässt. Das allgemeine Motiv des Spieles ist das Eindringen von Technik in eine vorher nahezu unberührte Umgebung und wie diese Technik aus Machtgründen missbraucht wird. Dies reflektiert sich auch in dem halb aus Metall, halb aus Holz bestehenden Logo des Spiels. Ein leicht cyberpunkiges Thema eigentlich, hier allerdings in einer Welt zwischen nostalgischer Dorfromantik, Gegenwarts-Referenzen, leichten Fantasy-Elementen und einer Prise guter alter Japan-weirdness, wenn etwa die Wächter bedeutungsvoller Artefakte scheinbar Transvestiten sind.

Zwei der Charaktere sind die Kinder Luca und Claus, deren Mutter Hinawa schon früh im Spiel stirbt. Luca ist davon traumatisiert und im Spiel gibt es immer wieder Flashbacks in seine vorherige Kindheit oder eine Traumsequenz, die ganz ohne Worte oder plakative Darstellungen auskommen und wohl deshalb so wirksam sind. Für den größeren Teil der Zeit ist Mother 3 hingegen eher lustig, seltsam, bis hin zu albern. Das Spiel ist vollgestopft mit kleinen Gags, amüsanten Dialogen und Überraschungen. Öffnet man in anderen Rollenspielen eine Schatztruhe, findet man entweder etwas Wertvolles oder ein Monster. In Mother 3 kann es auch schonmal passieren, dass ein Feuerwerk losgeht, eine Samba-Melodie spielt oder man von einem Geist, der in der Truhe sein Dasein fristete, frech angerülpst wird. Die Mischung aus der grundlegend eher leichten Stimmung, akzentuiert durch einige dramatische Ereignisse, trägt das Geschick der Charaktere jedenfalls näher ans Spielerherz. Eben weder ein albernes Spiel (wie die Mario-Rollenspiele), noch eines der vielen allzu Humorlosen. mother 3 screenshot 1

mother 3 screenshot 2

Alles in Mother 3 scheint darauf ausgerichtet, den Spieler zu unterhalten. Dazu gehört auch, dass es schön stetig voran gehen soll. Ist die eigene Gruppe im Kampf dahingeschieden, kann man auf Wunsch direkt weiterspielen ab dem letzten Speicherpunkt: mit allen Items und Erfahrungspunkten, die man auch nach dem letzten Speichern bis eben zum Ableben gesammelt hatte. Man verliert die Hälfte des Geldes, doch fungieren die lobenswert zahlreichen Speicher-Frösche auch als Bankautomat, dem man seine wertvollen Münzen sicherheitshalber anvertrauen kann. Frust ade! A propos Geld: das gibt es zu Beginn des Spieles noch nicht einmal. Eine Währung wird erst im späteren Spielverlauf eingeführt, bleibt aber ein dezentes Element im Hintergrund. Viele Mechanismen des Genres sind hier eher in ihrer reduzierten Variante vertreten: keine Möglichkeiten, die Charakterentwicklung anzupassen. Kaum Sidequests. Kein Waffenschmieden, Alchemie oder ausgiebige Schatzsuche. Mother 3 ist zwar zweifelsohne ein Rollenspiel, nimmt sich aber nur die nötigsten Zutaten, um vor allem eine Geschichte zu erzählen. Es hält einen nicht in immer gleichen Kreisläufen fest, wirft Ballast über Bord.

Besonders sind auch die Kämpfe geworden, sobald man einen der auf der Oberwelt sichtbaren Gegner trifft. Im Grunde ein normales rundenbasiertes Kampfsystem, so bleibt doch die Eigenart, dass jeder normale Angriff auf eine Combo mit bis zu 16 Schlägen ausgeweitet werden kann. Zu diesem Zweck drückt man eine Taste im Takt der Musikuntermalung. Wo andere Genrevertreter ein oder zwei Musikthemen für die Kämpfe besitzen, gibt es dem Spielsystem geschuldet hier ein ganzes Sammelsurium verschiedenster Stilrichtungen. Und die Musik stellt euch Fallen: Rhythmuswechsel oder Aussetzen des Schlagzeugs, ja bis zu fiesen Breakbeats denen man kaum folgen kann reichen die Gemeinheiten. Man muss dieses Feature nichtmal nutzen und kann das Spiel (mit etwas mehr Mühe) auch ohne musikalische Spielereien zu Ende bringen. Aber das wäre doch viel langweiliger! Ein anderes originelles Feature ist die HP-Anzeige. Nimmt man Schaden, so wird der Betrag nicht mit einem mal abgezogen, sondern eure Lebenspunkte laufen nach dem Treffer konstant und zügig ab. Wer schnell genug handelt, kann in dieser Zeit auch einen eigentlich tödlichen Treffer durch einen Heilzauber ausgleichen, oder auch versuchen, den Kampf vor Ablauf der HP zu beenden. Eine motivierende Idee und manchmal eine schweißtreibende Angelegenheit!

Musik ist übrigens allgemein ein großes Thema hier und anscheinend eine weitere Leidenschaft von Itoi. Man möchte glauben, die Hälfte des Speicherplatzes auf dem Modul hätte man mit der hervorragend komponierten Musik verbraucht. Auch beim Sounddesign hat man sich Gedanken gemacht, so dass man beispielsweise bestimmte Melodien aus der Ferne bereits leise hören kann. Würde ich hier eine gesonderte Wertung für den Sound vergeben, wäre Mother 3 schlicht das einzige mir bekannte Handheld-Spiel mit der Höchstnote.
Auf grafischer Ebene gesellen sich dazu eine äußerst liebevoll gezeichnete 2D-Optik mit westlich geprägtem Characterdesign, was das ganze manchmal wirken lässt wie ein animiertes Pixelart-Gemälde. Fast hätte ich Lust, mir noch einen GBA-Player für den Gamecube zuzulegen, um Mother 3 mal auf einem großen Bildschirm zu erleben. Spartanisch sind hier die Kämpfe geraten, in denen man wie beim Klassiker Dragon Quest nur die Monster vor einem sieht, die hier zudem nicht animiert sind, sondern starr vor einem psychedelisch animierten Hintergrund stehen. Ich persönlich kann in diesem Fall gut damit leben, da ich meist genug damit beschäftigt bin, dem Rhythmus zu folgen.

Heute habe ich das halb offene Ende des Spieles erreicht. Ich spiele praktisch nie ein Rollenspiel zwei mal durch und ob es bei Mother 3 so weit kommen wird, kann ich noch nicht sagen. Aber wenn, so läge die Motivation ganz sicher darin, sich ein weiteres mal an all den Einfällen und der Story mit all ihren Höhen und Tiefen zu ergötzen. Man kann wirklich nur den Kopf schütteln über Nintendos (wirtschaftlich gesehen nachvollziehbare, aber interessiert uns das?) Entscheidung, den Titel nicht außerhalb Japans zu veröffentlichen. Es gibt eine äußerst engagierte Fan-Übersetzung, bei der Nintendo sich blind stellt. Wohl weil es dem Firmen-Image nicht gut täte, die Löschung einer Übersetzung zu fordern von einem Spiel, das man selbst trotz einer nicht zu kleinen Petition dem westlichen Publikum vorenthalten hat.
Die Liebe der Fans spiegelt sich noch deutlicher wider in dem dicken Komplettlösungsbuch, welches ich selbst zwar nicht besitze, aber das schon verdammt eindrucksvoll aussieht für ein Fanprojekt. Wenn man Mother 3 noch nicht gespielt hat, kann man sich anhand dessen wohl ausmalen, dass auch das Spiel etwas heute in dieser Branche Rares ist: a labour of love. Ich persönlich habe schon lange nicht mehr, nein, vermutlich noch nie ein so erfrischendes RPG gespielt.
Das Spiel macht übrigens anscheinend einige Anspielungen auf seine Vorgänger, ist aber auch ohne deren Kenntnis als abgeschlossenes Werk zu genießen. Allerdings könnte es euch wie mir gehen und man ist nachher verdammt neugierig auf die Vorgänger, vor allem Teil 2. Und dann gibt es die auch noch als Compilation auf dem GBA...

Importfreundlichkeit: Der Löwenanteil des Texts ist durchgehend in Kana geschrieben, was ich persönlich eigentlich schwieriger finde, als mit Kanji. Andererseits ist es aber besser zum Nachschlagen. Gänzlich ohne Kenntnisse sieht's wieder mal schlecht aus, da würde man auch einfach zu viel Gutes verpassen , da das Spiel zum Großteil über Text funktioniert. Aber wie gesagt, wer auch per Emulator spielt, hat die Wahl der Übersetzung.
Verfügbarkeit: Hatte keine allzu hohe Auflage, sollte aber zu beschaffen sein. In Japan kostet es gebraucht, komplett etwa 3000 Yen (ca. 23€).

Starmen: größte englische Fansite zur Serie

Donnerstag, 14. Januar 2010

Keep your eyes peeled

Der blog platzt gerade nicht vor Aktivität, ja. Da kommt bald wieder was. Die gute Nachricht: an anderer Stelle kommt ab jetzt, hoffentlich, jeden Tag was.

Da: monomaniac 365

Und zwar gibt es dort von mir ein tägliches Foto. Also, nicht von meinem Antlitz, sondern von irgendwas, was mir vor die Linse kommt.

Danke an meine Liebste für den Tipp (oder auch die sanfte Aufforderung ).

Samstag, 14. November 2009

Eintausend Tage Monomaniac: Mein Blog und ich

Hochtrabendes Geschwafel zum Jubiläum.

Der blog-interne Zähler verrät uns: monomaniac wird heute eintausend Tage alt. Das ist im Grunde auch nur ein Tag mehr als 999, aber runde Zahlen haben ihre eigene Anziehungskraft und verlangen nach allgemeiner Erwartungshaltung ein paar Worte zum Anlass. Hat hier schonmal jemand mit dem Besteck an sein Glas geklopft, um die Aufmerksamkeit der Gäste zu erhaschen? Ich habe sowas ja nur in Filmen gesehen, aber gemäß dem blog-Inhalt wäre statt Glas-Klimpern ohnehin eher das Ertönen eines Sega-Jingles angemessen.



Da ich Anfang des Jahres meinen früheren Musikblog hiermit fusioniert habe, sind wenige Artikel tatsächlich älter als tausend Tage, aber was zählt ist natürlich das gemeinsame Dach. Und was dieses Dach ausmacht sind letztlich meine Interessen, was ich so als des Wortes wert empfinde.
Selbst wenn man sich nur auf der Konsumentenseite befindet, formt die Beschäftigung mit verschiedenen Medien (hier: Tonträger, Videospiel, Gedrucktes, Film) meines Erachtens auch den Charakter, geht wechselseitige Beziehungen mit dem Leben ein, übersteigt ein Dasein als bloßes kulturelles Artefakt durch den interaktiven Umgang damit und wird zum Nährboden für Gemeinschaften und neue kulturelle Formen, nicht zuletzt Subkulturen. Mein vorher geplantes Homepage-Projekt sollte subculture addict heißen, weil mich solcherlei Formierungen jenseits von Szene-Allüren interessieren. Letztendlich berichtet monomaniac nur von Ausschnitten, materialisierten Ergebnissen oder Bezugspunkten innerhalb eines undurchschaubar gewordenen Netzes von Subkulturen und Bedeutungszuschreibungen. So abstrus sie manchmal sein mögen, letztendlich sind diese Ausschnitte auch Produkte, die sich trotz vom Mainstream divergierenden Inhalten in (virtuellen) Einkaufskörben wiederfinden. So befindet sich dann auch der blog auf einer Schnittstelle von Kulturbetrachtung und Konsumzelebrierung, die ich so nach tausend Tagen rückblickend... bezeichnend finde. Für was? Weiß ich auch nicht.

Zur Zeit lese ich zwischendurch gerne ein Kapitel in Piko Piko Shônen, einem Manga von Rensuke Oshikiri. Darin erzählt er autobiographisch von seinen Erfahrungen mit Videospielen. Mit dem etwas plakativen Umschlagszitat, das übersetzt so viel verkündet wie „Hätte ich damals keine Videospiele gehabt, wäre ich vielleicht gestorben“. Nicht nur seine persönliche Verbindung zum Medium und dessen Bedeutung in seinem Leben wird klar, auch Verbindungen zu anderen kulturellen Lokalitäten. Der dagashiya (Laden mit billigen Süßigkeiten und Spielzeug) als heute verschollenes, nostalgisches Relikt vergangener Tage in Japan. Die Spielhalle als Zufluchtsort, der von Rowdies einer anderen Schule bedroht wird (im Westen mangels vergleichbarer Spielhallenkultur nicht denkbar). Unterschiedliche Wertansichten und Sammler-Einsichten mit dem aus armem Haus stammenden Protagonisten und seinem reichen Freund, welcher lieber die Idol-Telefonkarte als den Game Gear will, weil seltener. Ach so, und mit großer Sicherheit würden sich auch genug Menschen finden, die ihr Leben an Büchern, Musik oder von mir aus auch einer Fernsehserie aufgehängt haben. Und das ist weder bemitleidenswert noch ein Zeichen 'unserer Zeit', sondern menschlich.

Ich hoffe dass der blog als ein Fenster unter vielen einen Ausblick in all diese Universen des Ausdrucks bietet, und dabei auch die dunkleren Ecken (ein Universum mit Ecken?) beleuchtet. Oder ist das alles zu hoch gegriffen? Na gut, demnächst geht’s dann wieder mit Pixel-Action, Comic-Schmierereien und komponiertem Krach weiter, versprochen.

Donnerstag, 5. November 2009

Musikalische Tellerrandexkursionen Pt. 2

Die zweite Runde, diesmal mit Funk und Klassik-Noise!

Maschinenmagie

fennoberg-magic&return Fenn O'Berg - Magic & Return

Label: Editions Mego

Spielzeit: 100 min

Drei Meister ihres Faches setzen sich an ihre Powerbooks und setzen zur Improvisation an. So war das Ende der 90er, als sich Fennesz, Peter Rehberg und Jim O'Rourke damit ganz schön was trauten und gar manches Publikum gegen sich aufbrachten. Zwei Alben sind aus den Live-Improvisationen entstanden, danach war erstmal etwa sieben Jahre Funkstille bei dem beschäftigten Trio. Eine Dekade nach der Veröffentlichung des ersten Albums gibt es jetzt auf dem Editions Mego Label beide Werke im schicken Digipack zusammengefasst mit zwei Bonustracks und damit wohl ein Stück Geschichte der elektronischen Musik, denn heutzutage verwundert ein Laptop-Trio keinen mehr.

Die erste Scheibe The Magic Sounds Of Fenn O'Berg startet mit Shinjuku Baby Pt. 1 und macht gleich deutlich, dass man es hier nicht leicht haben wird. Laptop-Noise plus zerschnippelte Kinderlieder plus ein ausgedehntes Xylophon(?)-Solo lassen nicht viel Raum für Melodien und hinterlassen schließlich den Eindruck einer jener abstrakten Collagen, die einem letztlich garnichts sagen. Shinjuku Baby Pt.2 reitet fünf Tracks später mit 12 Minuten Laufzeit auf der selben Abstraktionswelle inklusive einem Beat von einer scheinbar dauerskippenden CD, der zur Hälfte des Tracks mit diversen anderem Gepolter und Gefiepe eine Eigendynamik entwickelt, ehe sich die Töne verdichten und unter einem Schleier langsam ersticken. In Horst und Snail mit Markus schleichen sich edle Streicher von hinten an vordergründigen Industrialschrott und lassen spacige Synthiewolken vorüberziehen. Gürtel Eins ist dann einer meiner beiden Favoriten. Zu Beginn wird hier recht hektisch mit Samples unter anderem vom Piano umhergeworfen, was mich einmal mehr an die Herangehensweise von Fantomas erinnert, recht disparates Material in einen Zusammenhang zu stecken, in dem es zwischen Dadaismus und Genie sein Zelt aufschlägt. Gegen Ende blitzen aber trotz konstantem Oszillieren, Flirren und Flimmern einige warme melancholische Flächen durch. Der große Lobträger bildet hier den Schlusspunkt: das Fenn O'Berg Theme mit seinen geloopten Streichern und brillant ergänzenden Glockenspiel- und Trompeten-Einsätzen, natürlich alles begleitet von flirrender Geräuschkulisse aus den Chips. Dieser Track zeigt ganz klar die Richtung an, die das spätere Werk einschlagen wird.

Das Problem des ersten Albums ist, dass es letztlich nicht über das Attribut „interessant weil seltsam“ hinauskommt. Selbst nach vielen Hördurchgängen ergibt sich keine tiefere Ebene, kaum staunenswerte Momente, wie sie beim zweiten Album an der Tagesordnung sind, und kaum eine emotionale Qualität. Selbst vergleichsweise unterkühlte elektronische Musik überträgt ja meist noch Emotionen, und sei es durch ihre abweisende Strenge. The Magic Sound ist allerdings aus so vielen Elementen zusammengeschustert, dass man sich schwer tut sich darin einzurichten.

War das erste Album also noch von überbordender Experimentierfreude geprägt, jedoch als Hörerlebnis eine zwiespältige Angelegenheit, so scheinen sich die drei Herren bei ihrem Zweitling besser aufeinander eingespielt zu haben. Das fängt schon bei einer aufgeräumteren Trackliste an mit gerade mal vier Stücken, davon drei aber auch je 10 bis 14 Minuten lang. Lediglich der Opener Floating My Boat gibt sich etwa 5 Minuten zufrieden, lässt aber schon ein strukturierteres, dabei aber umso interessanteres Werk vermuten.

Nach leicht techno-eskem Einstieg bleibt das Teil erstmal in einer Schleife hängen und lässt sich von den üblichen fragmentierten Minimalmelodien und gesampletem zähem Drum-Brei überhäufen, um dann noch eine Minute Godspeed You! Black Emperor Soundscapes zu imitieren. A Viennese Tragedy setzt den Klassikeinschlag fort mit Streichern und sogar einer Akustikgitarre, selbstverständlich mit Betonhighway durch's Orchester und einem Kampf mit dem Digitalzirpen um die Stereokanäle. Die analoge Seite gibt sich vorübergehend geschlagen, ehe am Ende doch wieder Sofas aus staubigen Opernsälen hereingetragen und mit Neon-Farbbeuteln beworfen werden. Die Dynamik der Samples setzt Akzente während an der Oberfläche gehext wird. Riding Again spielt Pong mit leiernden Zweiton-Melodien und schmuggelt einen zerschossenen Beat dahinter, ehe zunächst eine dröhnende Walze die Basis bildet und letztlich auch diese zerfällt und die Klanglandschaft ausgedünnt wird. We Will Diffuse You fühlt sich etwas düsterer an mit einem Gewaber, das sich fast schon als Drone klassifiziert und wie ein 70er Science Fiction Thema in einer unheimlichen zeitlosen Welt schwebt, in die auch die Noisesprengsel bestens reinpassen. Das Ende geht dann auch in die Dark Ambient Richtung, doch wer die hier besprochene Version des Albums besitzt, kann sich von einem ziemlich krachigen Bonustrack nochmal aufschrecken lassen.

Insgesamt gibt sich das zweite Album ein stückweit zurückgelehnter als das erste. Die drei hören sich mehr gegenseitig zu und haben ein beeindruckend stimmiges und tiefes Laptop-und-darüber-hinaus-Monster erschaffen.

Wie so eine Live-Improvisation tatsächlich aussieht und tönt hat mich (auch als Jim-Fan) da natürlich brennend interessiert und zu meinem Glück haben sich die drei Herren nach langer Pause gerade wieder in der selben Stadt wie ich zusammengefunden und ein erstes Live-Set gespielt. Abgesehen von der enttäuschenden Kürze von einer Stunde bei einem nicht gerade niedrigen Preis von umgerechnet 22€ war es ein sehr positives Erlebnis. Natürlich darf man performance-mäßig rein garnichts erwarten. Alle drei sitzen mit unheimlich konzentrierter Miene (kaum ein Blick zur Seite) vor ihren Gerätschaften, hin und wieder dreht auch mal einer ein Knöpfchen oder Fennesz schlägt zwei Saiten auf seiner Gitarre an, das war's. Das Spektakuläre daran ist das Gefühl, direkt bei einer Improvisation dabei zu sein, die genauso gut als Kompositionsvorgang durchgehen könnte. Einige Momente wirkten wahnsinnig stimmig, in anderen gab es wilde Noise-Angriffe, welche für mich fast ein bisschen lustig waren. Da sitzen Publikum und Künstler sich nahezu bewegungslos andächtig gegenüber und in der Luft liegt Krach als ginge die Welt unter, während alle konzentriert lauschen. Nur eine Seite drückt Knöpfe. Die andere staunt.

Video: Ausschnitt des Konzerts vom 24.10.2009

Zurück in die Zukunft

fennoberg-magic&return James Chance and the Contortions - Buy

Label: ZE

Spielzeit: 29 min

Zurück ins No Wave New York der späten 70er Jahre. Zu einem Album, das einerseits genau dem Szene-Zeitgeist musikalischer Destruktion und bedingungslosem Experiment entspricht, andererseits eigentlich auch aus der Genre-permiablen Gegenwart stammen könnte, irgendwo auf einem Liebhaber-Label. Kann diese Platte wirklich 30 Jahre alt sein? James Chance alias James White alias James Siegfried (wie er eigentlich heißt) und seine Band schweißen hier eine unheilige Mischung zusammen, die sich krallt was nicht zusammengehören zu schien und dabei gleichzeitig zukunftsweisend wie einzigartig wurde. Mit seinem Hintergrund als furioser Saxophonist und einer scheinbar grundlegenden angespannten Aggression in den Stimmbändern (die sich auf den Konzerten seinerzeit gerne auf seine Fäuste übertrug), kombiniert er sein Gespür für Komposition mit gezielter Schräglage und stellt dabei mehr Ansprüche an das musikalisches Können seiner Bandkollegen als andere Bands dieser Zeit; stellt nicht alles dem wuchtigen Einschlag hinten an. Er vereinigt black und white music (nicht umsonst hieß die Nachfolgeband James White and the Blacks), ist im modernen freien Jazz genau so zuhause wie in Disco und dem wüsten Funk eines James Brown, oder auch dem hektischen Sound der Talking Heads. Alles gebündelt durch Punkattitüde und die atonalen Querschlägergitarren des no wave.

Was dabei rauskommt ist pures Dynamit, rastlos groovende Songs mit mal unsteten, mal stur gleichförmigen Rhythmen, ungeahnten Ausbrüchen und trotz allem einer tightness, dass man rein garnichts machen kann als gebannt diesen Gestörten hier zuzuhören. Bis auf Anesthetic sind alle Titel im höheren Geschwindigkeitsspektrum angesiedelt, was aber auch eine Täuschung sein könnte weil alles konstant kurz davor ist auseinander zu brechen und durch einen undefinierbaren Sog zusammengehalten wird. Versuchte man das Ganze auf seine Einzelteile zu reduzieren, kämen dabei um die Ecke gewachsene Zahlenbäume raus, im Gesamtbild schlägt man aber lieber Purzelbäume. Buy ist eines der raren Alben, die zwar hörbar nachfolgende Bands inspirierten, gleichzeitig aber einzigartig und vor allem frisch blieben. So handelt es sich schließlich weniger um eine Geschichtsstunde oder Betrachtungen ästhetischer Patina, als vielmehr um ein zeitloses Kraftpaket, dessen Magie man sich auch heute nicht entziehen kann.

Video: Archival footage of James Chance and The Contortions playing in NY

Mittwoch, 14. Oktober 2009

Cell Divisions

"'like mirrors facing mirrors, space always expanding'

This is a short series of axis-symmetric fun with architecture and cultural heritage. It's really simple image editing, not at all professional. It was just a lot of fun to do and these are my favourite results.
Please also have a look at the large versions for full viewing pleasure."

japanese drinks

Link zum Album

Mittwoch, 30. September 2009

Musikalische Tellerrandexkursionen Pt. 1

oder: In Klangwelten, die noch nie zuvor ein Mensch betreten hat.

In dieser Serie möchte ich Musiker vorstellen, die Schubladen-übergreifend agieren, erfolgreich experimentieren und damit den Horizont erweitern, zumindest meinen jedenfalls. Oder anders gesagt: es geht um die interessantesten Platten, die mir in letzter Zeit (und vorher) so untergekommen sind. Was eigentlich auf alle meine Reviews zutrifft, aber diesmal mit der Extraportion Einzigartigkeit.

Irrgarteninstitution

tortoise-beacons Tortoise - Beacons of Ancestorship

Label: Thrill Jockey

Spielzeit: 43 min

Die Schildkröten aus der Vergangenheitszukunft haben ihren gewohnt eklektischen Jazz-Rock-Entwurf mitgebracht, auf dessen Zeichenbrett mal wieder der Kaffee ausgelaufen ist und der anschließend unter Berücksichtigung der ausfransenden Linien umgesetzt wurde. Kopfhörer werden bei der Einnahme empfohlen, doch möchte man mit einem Song wie Prepare Your Coffin am liebsten doch den gesamten lebenden Umkreis beschallen. Die sich euphorisch heraufschwingenden Gitarrenmelodien blieben mir jedenfalls bei der ersten Sichtung des dazugehörigen sehr schicken Videos sofort im Kopf hängen und erhöhten die Vorfreude auf das erste reguläre Tortoise-Album nach fünf Jahren. So lange höre ich die Band selbst noch garnicht, aber wer mal damit anfängt, kann wie bei Schokolade nicht mehr aufhören.

Bei Tortoise ist das Kombinieren von Musikstilen fast schon modus operandi und Beacons of Ancestorship ist ein herausragend vielseitiges Album geworden. Der Opener High Class Slim Come Floatin' In packt bockig knarzende Synthesizer über unbeständige Schlagzeug-Isotope, holt sogar aus dem Nichts noch einen walzenden Klimax hervor und schlägt allgemein genug Haken um ein eher sperriges Album zu versprechen. Anspruch verkommt jedoch zum Glück hier nie zur reinen technischen, angeberischen Geste. Manches fein schräg angesägtes Detail offenbart sich erst bei sehr aufmerksamen Zuhören. Überhaupt scheint das neue Album nach mehr Aufmerksamkeit zu verlangen als etwa ihr (m.E.) Meisterwerk TNT.

Das äußert sich nur selten unangenehm, wie etwa in Northern Something, einem mutierten Techno-Dingsbums mit aggressiv wabernden Synthies, das genau nach einem der Füller klingt, die die Band nach Eigenaussage später einfügte, um das Album besser als Ganzes funktionieren zu lassen. Zum Glück weist Gigantes dann wieder in weitaus schönere Richtungen, und zwar in mindestens fünf gleichzeitig. Zwischen hallenden und gezupften Gitarren, fallenden und gerupften Beats und irgendwann auch einer orientalischen Nasenflöte (o.ä.) tun sich genug Flächen auf, die Freunden metaprogressiver Rhythmik feuchte Träume bescheren und einen der besten Tracks der Bandgeschichte konstellieren. Glitch-Electronica und Kraut-Orientalia in vollkommener Umarmung, man möchte ihnen die Füße küssen. Penumbra und De Chelly klingen für mich, als hätten Matmos die Musik aus einem 16Bit Videospiel remixt, während Yinxianghechengqi obgleich seines Titels weniger Fragezeichen erzeugt als vielmehr ein stark verzerrtes Postpunk-Ausrufezeichen, das man so etwa auf ihren früheren Alben nie gefunden hätte. Das kann man jetzt gut oder schlecht finden.

In der zweiten Hälfte werden überwiegend ruhigere Töne angeschlagen. Irgendwo zwischen Earths Westernmeditationen auf Hex in doppelter Geschwindigkeit und dem Psychedelic-Totemtanz von Tristeza gibt sich The Fall Of Seven Diamonds Plus One als elegante Diva unter Wasser, ein Oktopus mit hübsch blitzenden Ringen an jedem Tentakel. Hätte so auch gut auf TNT gepasst und ist somit wunderbar. Minors addiert dazu noch eine dubbige Bassline und erleuchtende Keyboardmotive und parkt das Raumschiff direkt in der Disco mit der Drogentapete. Morgens im Zwielicht dann am Monument Six One Thousand sitzen und sich vom grandios nach vorne stolpernden Charteroak Foundation in einen neuen Tag schleudern lassen. So stell ich mir das vor. Eine der innovativsten und besten Bands der Gegenwart.

8/10

Offizielle Bandseite
Video zu Prepare Your Coffin

Mondperspektiven

mori-aspectsofmoon Ikue Mori - One Hundred Aspects of the Moon

Label: Tzadik

Spielzeit: 46 min

Ikue Mori ist eine Komponistin und Perkussionistin, die sich in verschiedensten Musikrichtungen wohl fühlt, diesen aber immer ihren eigenen Stempel aufdrückt. In den späten 70ern war sie in der No Wave Band DNA als Schlagzeugerin aktiv und improvisierte später unter anderem mit John Zorn, ehe sie Mitte der 80er begann, mehrere drum machines gleichzeitig zu nutzen und mit Effektgeräten zu manipulieren, um ihren ganz eigenen Stil zu finden. Dabei stieß sie auch zunehmend in neue musikalische Welten vor und komponierte Ende der 90er ein fünfzehn Stücke (plus Bonustrack) umfassendes Album, basierend auf einer Auswahl von Holzschnitten aus Tsukioka Yoshitoshis Serie One Hundred Aspects Of The Moon (tsuki hyakushi). Mit fünf Gastmusikern und ihren vielseitigen Einflüssen überschreitet sie hier konstant unsere Vorstellungen von westlicher und östlicher Musik sowie von Zugehörigkeiten wie Klassik, Jazz, Kammermusik, Minimalismus, Ambient und experimenteller Avantgarde. Man könnte eine Parallelle zu Yoshitoshi sehen, der mit seiner Imagination, aber auch aus dem Westen übernommenen Maltechniken und Perspektiven-Darstellungen das ukiyo-e revolutionierte, ehe dieses als Kunstform nach ihm praktisch ausstarb. Mori mischt verschiedene Genre-Klänge mit ihrem eigenen Verständnis einer mehr texturierenden als rhythmischen Perkussion und erschafft so etwas Neues aus teilweise alten Formen.

Das Album beginnt mit zwei ineinander überfließenden, düsteren Ambient-Stücken, auf denen ihre Percussion gespenstisch über tief tönenden Flächen raschelt. Schwarze Wolken verdecken den Mond, aus einer Bar tönt ein Bass. Plötzlich gesellt sich fremdartige Vokalakrobatik dazu, mit Monkey Music Moon hat das erste kammermusikalische Stück begonnen. Eine Geige und ein Cello umgarnen sich und steigern die Spannung, lassen sich kurz von einem verirrten Piano vertreiben und setzen dann angeleitet von Moris zerstreuten Beatfetzen zum Gegenangriff an. Bei Musashi Plain Moon wirkt alles noch zerbrechlicher. Obwohl einzelne Themen wiederholt werden, scheinen alle Instrumente von einem anderen Geist besessen. Irgendwo zwischen Cartoon-Musik und -Geräuschen, Zufall und Masterplan wird man konstant auf falsche Fährten gelockt, fühlt sich jedoch gleichzeitig von einer größeren Narrative an der Hand genommen.

Waren die ersten Tracks noch vergleichsweise leichte Kost, folgt mit dem nach einem Haiku betitelten How Noisy The Sound Of Insects Calling In The Meadow As For Me, I Make No Sound But Think Of Love ein Monolog, der im Geiste von Velvet Undergrounds The Gift von scheinbar willkürlichem Geratter und Geflöte untermalt wird und dessen Ende auf den verstörenden Mittelteil des Albums weist. Die folgenden fünf Stücke widmen sich der zunehmenden Abstraktion, vom Horrorambient des Moon Of The Lonely House über Cloth Beating Moon, wo der Liebestanz von Piano und Geige geradezu von Moris brandendem Krachwall zerstört wird. Die folgenden drei Tracks klingen dann auch nach mehreren Radios, auf dem man ständig die Sender wechselt und das ganze auf ein Tape bannt, welches anschließend zerschnippelt wird. Nicht umsonst endet dieser Abschnitt mit einem Stück namens Lunacy. Danach wird es richtig vielseitig. Wir dürfen zurück in den Moon Palace, wo luxuriöse Klassikklänge zunehmend vom free jazz eingenommen werden und Theo Bleckmanns Gesang fast schon eine Musicalnote addiert. Und Glimpse of the Moon will mit gezupften Saiten und seiner Orgel zum Mutantenjam ansetzen, ehe bald leise, minimalistische Tupfer frei stehender Einzeltöne das Album mit Mountain Moon After Rain zu Ende bringen. Der Bonustrack stellt die hier sonst eher sporadischen Drum-Eskapaden von Mori in den Mittelpunkt und zeigt eine greifbarere Variante ihres Songwritings, die mehr im Electrobereich angesiedelt ist.

Ich muss zugeben, dass ich bei dieser Platte nach Worten ringen musste. Dass ich mit mir selbst rang, ob ich dazu überhaupt was schreibe. Denn das hier Gehörte befindet sich doch ein gutes Stück abseits meiner Hörgewohnheiten und scheint nach einem Wortschatz zu verlangen, der erst noch erfunden werden muss. Letztendlich siegte mein Wunsch, auf die Existenz dieses kaum reviewten Albums hinzuweisen. Wer sich mal wieder etwas Frisches, Unverbrauchtes zu Gemüte führen will, wird hier fündig, ohne es gleich mit einer Merzbow-Platte zu tun zu haben. Auch schön ist der inspirierte Hintergrund der Platte. Zwar kann man nicht immer einen direkten Zusammenhang zwischen Bild und Musik feststellen, doch lässt sich in der Stimmung teils eine zusätzliche Dimension entdecken, wenn man sich dem Hintergrund bewusst wird.
Im Alltag fehlt mir noch der Platz und der emotionale Zugang für dieses Ungetüm, es bleibt aber nach vielen Hördurchgängen weiter fordernd, eigen und somit interessant. Daher:

7/10

Ikue Moris offizielle Seite
Komplette Gallerie von Yoshitoshis 100 Aspects of the Moon

Sonntag, 19. Juli 2009

Mann, Frau, Aal

cover der aal Film: Der Aal (うなぎ)

Medium: DVD, deutsch bei Alamode Films

Laufzeit: 110 min

Regie: Shohei Imamura

Genre: Drama

Wertung: 8/10

Anonyme Briefe leiten den Büroangestellten Takuro Yamashita auf die Spur, dass seine Frau ihn mit einem anderen Mann betrügt. Schließlich kehrt er früher von einem Angelausflug zurück und findet seine Befürchtungen bestätigt. Im Wahn sticht er mit einem Messer erst auf den Mann ein, dann ersticht er seine Frau, die auf der Stelle stirbt. Scheinbar seelenruhig fährt er zur nächsten Polizeistation und stellt sich. Acht Jahre muss er ins Gefängnis, wo er das Friseurhandwerk lernt und sich im Teich einen Aal hält. Von der Menschheit enttäuscht, wird der Aal sein engster Freund. Als er auf Bewährung entlassen wird, renoviert er in einem Dorf einen alten Friseursalon und versucht unter Aufsicht seines Bewährungshelfers, dem kauzigen Priester des örtlichen Tempels, wieder den Weg ins Leben zurück zu finden.

Eines Tages findet er eine junge Frau namens Keiko, die sich offensichtlich mit Medikamenten umbringen wollte. Nachdem er sie rettet, drängt sie sich ihm als Helferin in seinem bis dahin schleppend laufenden Friseurbetrieb auf. Der läuft zwar fortan besser, doch Gewitterwolken ziehen an allen Seiten auf. Der örtliche Müllmann ist ein ehemaliger Knastgenosse von Takuro und droht, dessen Vergangenheit im Dorf bekannt zu machen. aal1
Keiko verliebt sich in Takuro, doch der fühlt sich von ihr stark an seine Frau erinnert und will sich nicht mehr mit Menschen einlassen. Zudem hat Keiko Ärger mit einem schmierigen Tokioter Finanzberater, den ihr ihre geisteskranke Mutter angehängt hatte. Hinzu kommen diverse neugierige Dorfbewohner wie der rustikale Zimmermann von nebenan, mit dem Takuro beim Aalfangen etwas entwickelt, das noch am ehesten einer Freundschaft ähnelt. Doch Takuro bleibt reserviert, misstrauisch und unversöhnbar mit seiner Vergangenheit.

Abgesehen von der ziemlich blutigen Szene zu Beginn des Filmes wählt Regisseur Imamura geradezu nüchtern dokumentierende, fast nie stilisierende und umso ehrlichere Bilder, die dem Zuschauer Nähe vermitteln trotz eines beispiellos unnahbaren Hauptcharakters. Ein paar beiläufige Fakten zum Leben des Aals als Parallele zu Takuros Leben müssen reichen als poetisches Moment. Viele Szenen balancieren auf der Grenzlinie des Komischen und der Katastrophe; die Beziehung zwischen Keiko und Takuro ist fast garnicht als solche zu bezeichnen und hält einen trotzdem in ihrem Bann. Sparsame musikalische Untermalung und, bis auf wenige Szenen in Tokyo, die Beschränkung auf wenige Schauplätze in der ländlichen Umgebung unterstreichen den isolierten Charakter Takuros, der sich in seinem neuen Leben genauso beobachtet fühlt wie im Gefängnis. Bei aller Einfachheit des Filmes werden seine Charaktere umso komplizierter und unbequemer, überhaupt ist das hier kein Gutfühl-Film. Aber auch kein plakativer Tränenquetscher, vielmehr ein unaufdringlich schöner Film mit sehr eigenen Perspektiven menschlicher Nähe.

aal2


Die DVD von Alamode Film kostet zwar mittlerweile nicht mehr so unverschämt viel, ausstattungsmäßig spart sie aber auch ordentlich. Deutsche Untertitel oder Synchro, dazu Kapitelauswahl und eine Trailershow des Labels, mehr steckt nicht auf dem Silberling. Macht aber auch nichts, denn der Film, der sich in Cannes eine Goldene Palme abholen durfte, gehört zu den sehenswerteren Dramen aus Nippon und müffelt dabei nicht nach der harten Bestuhlung eines Indie-Kinos. Dafür Daumen nach oben.

Mittwoch, 1. Juli 2009

Cyberpunk als Schlüssel zu Cybercultures

Bestimmt seid ihr heute morgen aufgestanden und habt euch die Frage gestellt: "Wie kann man cybercultures (jene neu entstandenen und noch entstehenden kulturellen Formen menschlicher Interaktion und Zusammengehörigkeit im cyberspace, jedoch auch darüber hinaus) sinnvoll beschreiben und begreifen?

Letztes Semester besuchte ich zum Thema cyberculture ein ethnologisches Seminar. Das Konzept, welches der Dozent Dr. Alexander Knorr für seine cybercultures anwendet, gründet sich auf vier Elemente: Technologie/ Technik, Kybernetik, soziokulturelle Aneignung sowie Cyberpunk.

Zum Thema Cyberpunk habe ich eine kurze Seminararbeit verfasst, die ab sofort öffentlich verfügbar ist. Wer mehr über Herr Knorrs Habilitationsarbeit über game-modder-Gruppen und seine cyberculture-Konzeption wissen will, findet hier das Exposé dazu.

Und wer sich noch fragt, was cyberpunk überhaupt ist und was es genau mit ethnographischer Beschreibung zu tun hat, kann das entsprechend bei mir nachlesen.

Kleiner Ausschnitt und als Definition:

"Der Begriff 'Cyberpunk' ist zusammengesetzt aus den Wörtern 'cybernetics' und 'punk'. Laut Bruce Sterling betont dieser Neologismus die neue Art der Integration, die hier stattfand:
Das Überlappen vormals separater Welten, nämlich die der Technologie und die des modernen Pop- Undergrounds bzw. der Gegenkulturen der 1980er Jahre.
Am ehesten lässt sich Cyberpunk definieren als ein Sub-Genre der Science Fiction, welches sich Anfang der 1980er Jahre als zunächst literarisches Genre herausgebildet hat, jedoch schnell wechselseitige Einflussbeziehungen mit anderen Medien wie Film, Rollenspiel oder Musik einging und dessen Ideen somit auch dort umgesetzt wurden.
Die Wortschöpfung geht zurück auf den Autor Bruce Bethke, der 1983 eine seiner Kurzgeschichten 'Cyberpunk' taufte. Ein Jahr später wurde der Begriff vom Journalisten Gardner Dozois benutzt, um bestimmte Autoren (z.B. William Gibson, Bruce Sterling, John Shirley) einer neuen Richtung der Science Fiction unter einer Bezeichnung zu vereinen und wurde fortan zu einem bekannten 'Label'."
memo2

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