Sonntag, 14. Juni 2009

Unpopular parts of popular culture

nanatsushima Titel: Travel

Medium: Manga, 202 Seiten

Mangaka: Yokoyama Yuichi (横山裕一)

Version: englisch, PictureBox Verlag

erschienen: 2008

Genre: Comedy?

In diesem Manga-Einzelband gehen drei Männer auf eine Reise mit dem Zug. Das war die Story. Wie Paul Karasik im Vorwort feststellt, ist somit nicht viel Handlung geboten, dafür jedoch eine Zelebrierung der überbordenden Mehrzahl, von Handlungen nämlich. Das Anzünden einer Zigarette passiert hier nicht unter drei Seiten und da im ganzen Band kein einziges Wort gewechselt wird, gehört die Bühne ohnehin den Gesten. Etwa den Blickwechseln mit anderen Passagieren, über deren Hintergründe wir ebenso wenig erfahren, wie über die drei Protagonisten oder das Ziel ihrer Fahrt. Ums Ankommen geht es in Travel nicht. Travel ist eine psychedelische Reise, ein straff gezogener Faden, an dem sich der Leser die Narrative selbst stricken kann, sofern er dazu Zeit findet im rasenden Erzähltempo.

Bei Travel wird alles verdreht: die Umgebung der Bahnstrecke wird zum Schauplatz natürlicher und architektonischer Wunderlichkeiten, das Interieur des Zuges selbst drängt sich in den Mittelpunkt den sonst Charaktere für sich beanspruchen, welche hier radikal geometrisch abstrahiert werden. Regen prasselt an die Fenster und verwischt die Sicht; organisches Chaos weicht menschgeschaffenen Betonkomplexen. Nichts, was man nicht selbst schonmal von einem Zugfenster aus gesehen hätte. kisuke

Aber bei Yokoyama geschieht all das mit einer prägnanten Wucht und gezielten Übertreibung. Trockenen Meta-Humor möchte man ihm zuschreiben, gemischt mit einem Bombardement von Sinneseindrücken, die den Betrachter außer Atem bringen und erschöpft zurücklassen.

Der Band vom PictureBox Verlag bietet neben dem Werk in originaler Leserichtung noch das sehr gute Vorwort und einige mehr oder wenige sinnvolle Anmerkungen des Autors. Wer wider Erwarten eine andere Ausgabe findet (etwa die französische), kann dank nicht vorhandenen Dialogen auch bedenkenlos woanders zugreifen.

nanatsushima Titel: The Walking Man (歩く人)

Medium: Manga, 155 Seiten

Mangaka: Taniguchi Jirô (谷口次郎)

Version: englisch, Ponent Mon Verlag

erschienen: jap. 1992, engl. 2004

Genre: slice of life

Ein weiterer Einzelband, der sich klassischen Story-Erwartungshaltungen und dem in westlicher Sichtweise geprägtem Image eines „typischen Manga-Zeichenstils“ entzieht, ist Jirô Taniguchis 'Aruku Hito' oder auch 'The Walking Man'. In den tagtäglichen Erlebnissen, ja Miniaturabenteuern des Salaryman-Prototypen mit glücklicher Ehe lässt sich jedenfalls wenig dramatisches Potenzial finden. Und wenn man gemein wäre, könnte man es auch als Leitfaden für jene gestresste Büroangestellte sehen, ihr Leben wieder zu genießen und sich an Kleinigkeiten zu erfreuen, sich Zeit zu nehmen und ähnliches Gefasel aus der Lebensqualität-Ratgeber-Ecke. Ginge auch, aber Sarkasmus würde einem den Blick versperren auf ein Kleinod der Entschleunigung, jene sprichwörtlich gewordene Poesie des Alltags und eine inspirierende Perspektive der Stadtwahrnehmung.

Ob sich der Protagonist in einem altmodischen Viertel wie ein Kind zwischen Häusern durchzwängt, ein Papierflugzeug aus einem Baum birgt oder die fragmentierte Sicht einer kaputten Brille wertschätzt – es sind alles kleine Perspektivenverschiebungen, ein neugieriges Interesse am Lebensumfeld und kreative Spontanität, die aus den Episoden profaner Alltäglichkeit letztlich Magie strahlen lassen. „A brief interlude in daily life. Where nothing is pressing.“. Die nur wenige Seiten langen Kapitel mit sporadischen Dialogen ließen sich binnen Sekunden durchblättern, doch muss man sich einlassen auf die Gemächlichkeit der Geschichten. Dazu laden auch die detaillierten Zeichnungen, vor allem der Umgebungen, ein, zu denen das realistische Design seiner Charaktere passt.

Der Band vom Ponent Mon Verlag gefällt mit größerem Format und guter Druck-/ sowie Papierqualität, auch wenn einige Farbseiten nicht übernommen werden konnten. An der englischen Übersetzung gibt es nichts zu bemäkeln. Der etwas hölzernene Ton, der vielen Übersetzungen aus dem Japanischen anhaftet, ist hier milde und mir persönlich lieber, als allzu freihes oder (gerne in amerikanischen Ausgaben vorgenommenes) „Regionalisieren“ mittels Slang-Ausdrücken.

nanatsushima Titel: Maggots

Medium: Comic, 352 Seiten

Zeichner: Brian Chippendale

Version: englisch, PictureBox Verlag

erschienen: 2007

Genre: Tagebuch

Brian Chippendale ist eher als hyperaktiver Schlagzeug-Misshandler und damit als eine Hälfte der Band 'Lightning Bolt' bekannt, kritzelt als Kunstschulenabgänger aber auch gerne Comics. Nicht nur auf weißes Papier, sondern zum Beispiel auch über die Seiten eines japanischen Buchkatalogs. Dabei herausgekommen ist Maggots, ein wüster Gedankenstrudel der in freilich stark stilisierter Façon tagebuchartig seinen Alltag repräsentiert. Es geht etwa um eine Fernbeziehung, Arbeiten müssen, eine Reise. Dabei lassen sich Zeit, Ort und Charaktere seltenst deutlich differenzieren; es schwebt alles in einem losen Raum.

Da er bedruckte Seiten überzeichnen musste, ist das visuelle Gesamtbild natürlich von hoher schwarzer Dichte geprägt. Seine umrisshaften, impulsiven Charaktere interagieren in diesem Raum auf eher ruppige Art und Weise in obskuren Dialogen, Gewaltausbrüchen und sexuellen Handlungen; welche jedoch wegen der sketchy Stiftführung eher an Schuljungen-Humor gemahnen denn reißerisch zu wirken. Maggots ist nicht beschönigend, sondern absolut roh, direkt und nicht zuletzt verwirrend. Dabei machte sich Chippendale selbst aus der Panel-Anordnung noch einen Spaß, da diese nicht wie üblich von links nach rechts und oben nach unten gelesen werden, sondern in Schlangenlinien eine Seite runter und die nächste wieder herauf. Selbst dieses System bricht schnell zusammen bei den teilweise unheimlich vielen Panels, die minimalste Bewegungsabläufe Daumenkino-artig darstellen. Das macht die Lektüre des Bandes zu einer anstrengenden Tätigkeit, auch wenn einen die Einzigartigkeit dieses wahnwitzigen Machwerkes nach Pausen immer wieder zurückkehren lässt.

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Parallelen zu seinem Schlagzeugspiel scheinen naheliegend: es ist schnell, läuft kompositorischen Konventionen entgegen und stellt für die überwiegende Mehrheit der Konsumenten Krach dar. Maggots ist die Übertragung dieses Krachs für die Augen, oder um es mit dem Titel von Steven Malkmus letztem Werk zu sagen: real emotional trash.

Samstag, 16. Mai 2009

Urlaub vorm Bildschirm

nanatsushima Spiel: Nanatsu Kaze No Shima Monogatari (七つ風の島物語)

Konsole: Sega Saturn

Version: jap.

Erschienen: 1997

Genre: Adventure

Wertung: 8/10

Ich komm ja immer mehr auf den Trip, mir Spiele auszusuchen die mir stimmungsmäßig was bieten und detaillierte 2D-Grafiken haben bei mir sowieso nen Stein im Brett. Kein Wunder, dass dieses feine Adventure den Weg in meine Sammlung finden musste! In Zusammenarbeit mehrerer Entwicklerstudios entworfen und von Enix veröffentlicht, finden wir hier einen weiteren nur in Japan erschienenen Saturn-Klassiker.

Am Anfang war das Ei. Ihr seid live dabei, wenn der Hauptcharakter Garp, eine leicht tollpatschig aussehende Mischung aus Mensch und Drache, das Licht der Welt erblickt und seltsamerweise sofort sprechen, laufen und sowieso alles kann. Oder schläft er in einem Ei? Nun ja, ein schwarzes Wesen fegt euch von der hohen Plattform und Garp pflanzt sich erstmal ein Baumhaus, in dem ihr fortan haust, speichert und ins schlaue Buch guckt. Jenes Buch bietet neben einem tatsächlich ins Spiel integrierten Lexikon auch eine Niederschrift eurer Geschichten, so dass ihr nach längerer Spielpause wieder hineinfindet und nach zusätzlichen Tipps suchen könnt. Ausgehend von hier erkundet ihr die Insel der sieben Winde.

Meist erscheint zu Beginn des Kapitels ein neuer Charakter oder Gegenstand, der euch vor neue Aufgaben stellt. Obwohl eure Aktionen begrenzt sind, kann man an manchen Stellen durchaus eine Weile grübeln. Garp selbst kann außer urtypischen Handlungen wie herumlaufen, springen, sprechen und im Inventar wühlen immerhin auch Werkzeuge nutzen, um Insekten zu fangen oder eine Runde angeln zu gehen. Zu weiteren Werkzeugen gehört später eine Windflöte, mit der ihr nach und nach die sieben verschiedenen Winde erlernt und anwenden dürft. Der lilane Wind zeigt beispielsweise vormals Verborgenes auf, mit dem grünen durchwuschelt ihr die Botanik und so weiter. Außerdem habt ihr noch drei verschiedene Helferlein, die euch durch die Luft tragen und Bäume oder Felsen aus dem Weg räumen. Auf diese Weise lernt ihr immer mehr von der Insel kennen. kisuke

Die Spielewelt ganz kennenzulernen ist für mich in jedem gut designten Spiel einer der größten Reize, und hier wird dies wahrlich zu einem Genuss. Wunderschöne und teil-animierte Hintergründe, die der in anderen Titeln oft vorherrschenden Sterilität ein pralles Leinwand-Leben entgegenstellen, ergänzen sich mit gleichzeitig seltsamen und eigenartig schönen Charakteren. Die Grundstimmung wird oft mit Ghibli-Filmen verglichen und tatsächlich kommt der mysthische Wind, die immer präsente Anderweltigkeit diesem Vorbild recht nah. Da jeder Bildschirm kurz einzeln geladen wird und man erst bei circa zwei Dritteln der Spielzeit eine Art Teleport-Möglichkeit bekommt, ist man in gemächlicher Spielweise geradezu gezwungen, das Spiel wie eine Gallerie von Kunstwerken zu durchwandern. Es liegt sogar eine zweite CD bei, auf der sich jede Menge concept art befindet und die den hohen visuellen Qualitätsanspruch unterstreicht. Umso minimalistischer verhält es sich mit dem akustischen Bereich, in dem oft nur einige Soundeffekte und Variationen des Hauptthemas die Stille durchbrechen. Die überdeutlich hörbaren Schritte stören dabei etwas.

Als Adventure, das oft verlangt ambivalente Aussagen beziehungsweise Tipps der Inselbewohner zu deuten und die richtigen Items zu präsentieren, ist der Titel leider denkbar ungeeignet für Spieler ohne Kenntnisse der japanischen Sprache. Auch ich fand ich mich öfter eine halbe Stunde umherirrend vor, da ich einen Satz nicht genau genug gelesen hatte. Immerhin ersetzt das Spiel viele Kanji durch eine Katakana-Umschrift, so dass man mit Grundkenntnissen, Geduld und Wörterbuch bewaffnet sicher durchkommt. Oder es schreibt mal jemand einen Walkthrough, wobei schlicht einem Faden zu folgen natürlich den Reiz des Genres nimmt. Obwohl ich einige Male durch etwas verdrehte Logik oder unerwartete Genauigkeitsansprüche ziellos umherirrte, fand ich das Spielerlebnis insgesamt erfrischend und lohnend. Ein wenig wie diese alten Grafikadventures, die Urlaub vorm Bildschirm versprachen aber selten dabei so viel Atmosphäre transportieren. nanatsu2

nanatsu3

Als Ergänzung zu den eher humor-orientierten westlichen Adventures auf dem Saturn wie Discworld oder Blazing Dragons (noch ein Drache als Hauptfigur) hätte sich Nanatsu Kaze sicher gut gemacht im Westen, so bleibt es mal wieder ein Fall für Schatzgräber. Ein Geheimtipp ist es allerdings nicht mehr, so dass man hier mit etwas höheren Preisen rechnen muss als sonst bei textintensiven japanischen Spielen üblich.

Mittwoch, 29. April 2009

Jungbrunnen

Am 23.04.09 spielten Sonic Youth im Haus der Kunst München ein Konzert zu Ehren von Gerhard Richter.

Wie froh ich war, als ich tatsächlich mit meiner Freundin in dem vergleichsweise kleinen Saal stand und langsam realisierte, was mich erwartete! Zuvor hatte man nach der ersten Ankündigung wochenlang auf verfügbare Tickets gewartet, welche dann schließlich online in weniger als einer Stunde ausverkauft waren und nur durch Restbestände am nächsten Tag weniger schnellen Fans noch eine Chance boten. Dabei musste man sich in den alten Gemäuern nicht drängeln, zudem sorgten das durchschnittlich ältere Publikum und praktische Schließfächer für ein noch entspannteres Konzert.

In der ersten Reihe durften wir den fünf (derzeit erweitert um Ex-Pavement Mark Ibold) lebenden Legenden auf der Bühne zusehen, wie sie sich den Gesetzen der Zeit zu widersetzen scheinen. Würde man die Geschichte der Band einen Moment vergessen, so käme man nicht darauf, dass beispielsweise Kim Gordon bereits 56 Jahre alt ist. Im eher knappen Kleid singt sie Jams Run Free, raunt Shaking Hell, tanzt im Kreis. Lee können wir nur im Augenwinkel beim kreativen Bearbeiten seines Gitarren-sammelsuriums sehen, Thurston dagegen steht direkt vor uns, wenn er etwa in 100% den berühmten Drumstick über die Saiten schrubbt. Man hört What We Know vom neuen Album als Weltpremiere genauso wie She Is Not Alone von der allerersten EP. Und als nach einer wortwörtlich umwerfenden Version von Expressway To Your Skull die Gewissheit aufkommt, dass keine zweite Zugabe folgen wird, macht sich ein Gefühl der Trauer, ja des Entzugs breit. Wann sehen wir uns wieder?

青光り
爆音ギター
うれし泣き

thurston

Link zum Fotoset

Update 30.05.09: Mittlerweile ist auch ein vom Haus der Kunst produziertes Video online gegangen, das den ersten Song des Konzerts, 'She Is Not Alone', zeigt. Viel Spaß beim Voodoo-Getrommel!



Quelle: Haus der Kunst Myspace Seite

Donnerstag, 9. April 2009

Polyvinylchloridanschaffungen in Worten und Zahlen

Sholi - s/t

sholi Sholi beweisen mir grade so einiges. Dass hinter tollem Artwork auch ebenso feine Musik stecken kann. Oder dass mir noch Platten unterkommen können, die mir tatsächlich nach längerer Einwirkungszeit neue Perspektiven auf das Gehörte eröffnen. Im ersten Moment scheint Sholi eine Band zu sein, die sich ein wenig um die Ecke gedachten Postpunk à la Minus the Bear schnappt, mit tingelnden Gitarrenlinien der Fugazi-Schule mischt und dazu nen wahnsinnigen Schlagzeuger addiert.

Auch wenn Minus the Bear sich mittlerweile eher in den Gefilden von Pink Floyd nicht unähnlichen Epen bewegen, würde ich Sholi die größere musikalische Vielfalt zugestehen. Und genau die hat mir dank falscher Erwartungshaltung zunächst den Boden unter den Füßen weggezogen. Vieles wirkte weniger rumpelig und energiegeladen als ich mir erhofft hatte, sondern entspannt und, im Sinne der genannten Tanzbären, auch harmonisch. Rückwärts abgespielte Explosionen, trojanische Pferde und Schafe im Wolfspelz fallen mir dazu ein. Beschwichtigende Strophen treffen jedoch schon mal auf stroboskopische Ausflipp-Refrains (Dance for Hours) und melancholische Bruchstücke from outer space (Out of Orbit). Zwischen den wirbelnden Drumsprengseln und schwelgerischem Lamentieren von Any Other God könnte man sich auch in den Honigtiopf gefallene Trail of Dead vorstellen. Dabei im Hintergrund aber immer dieser Alleinunterhalter am Schlagzeug, der sich zwar noch nicht in den abstrakten Sphären eines Jim White bewegt, aber die Mischung doch um manch ungewöhnliche bis herausfordernde Idee bereichert. Für mich als Freund kreativen Drummings eine wahre Freude!

Die große Bandbreite an Emotionen und die aus vielen Passagen zusammengeflossenen (nie -geflickten) Songs erfordern dann mehr Einarbeitungszeit, als man denkt. Und sie lohnt sich. „Nature has a tune for all you lonely fools“.

8/10

Fuck Buttons - Street Horrrsing

fuck buttons Die letztjährigen Pitchfork-Protegés hier mit einem Album zwischen kratzigem Keyboard-Noise, Drone-Epen, geloopten Ambientgebilden und einer handvoll Melodien für die Indie-crowd. Wie ein Forenmitglied mal prophezeite: Damit haben die sich zwischen die szenerelevanten Stühle gesetzt. Für normale Hörer nur Krach und für Dronefans zu pop-affin.

Moment, das hier Pop? In diesem Glauben findet man sich zeitweise, wenn im Opener Sweet Love For Planet Earth die zuckersüßen Keyboardtöne übereinander purzeln. Aber halt auch nur so lang, ehe die Drones immer lauter und länger werden und schließlich extrem verzerrtes Geschrei aus dem Babyfon die oberste Kuchenschicht bildet. Das bleibt aber insgesamt doch schön eingängig. Geht dann direkt über in ein Drumstück, welches leider wie ein schlechteres Experiment der Boredoms klingt. Der Mittelteil der Platte, also B- und C-Seite, widmen sich jeweils einem langen Track und lassen dabei erste Ermüdungserscheinungen aufkommen. Im Vergleich zu den clever an Anfang und Ende gesetzten Album-Highlights wirken die beiden mittigen Stücke rauher, krachiger, leider auch ideenarmer und dadurch langgezogen. Einzig die zweite Hälfte der C-Seite gefällt mir hier ausnehmend gut mit ihren unterschwelligen Melodien, die an Stars of the Lid gemahnen, remixt auf einem kaputten Casio. Die D-Seite wartet dann nochmal mit dem tollen Bright Tomorrow auf, das sich an einem sturen 4/4 Beat entlanghangelt zu einem plötzlich hereinplatzenden Drone-Einsatz, der an klassische Postrock-Muster erinnert. Nicht umsonst wirkte hier neben Shellacs Bob Weston auch Mogwai-Mitglied John Cummings an den Reglern mit. Zu ende wird nochmal die variablere Trommelvariante ausgegraben, aber nach Bright Tomorrow hat sich die Asche ohnehin gelegt und man ist einigermaßen fertig mit den Nerven.

Im großen und ganzen zeigen sich die beiden Herren hier als vielversprechende Impulsgeber, die allerdings manche gefundende Formel noch zu weit auswalzen. Ähnlich wie bei Growing nehme ich mal an, dass sie eine tolle Liveband sind, deren adäquate Umsetzung des gepflegten Dröhnens für das 21. Jahrhundert in Albumform noch aussteht. Vorerst hätte mir wohl eine EP, bestehend aus der A- und D-Seite von Street Horrrsing, besser gefallen. So bin ich ungeschlossen. Daher:

6,5/10

Lymbyc Systym - Love Your Abuser

lymbyc systym Ist zwar schon ein zwei Jahre altes Album, doch neben der letzten Animal Collective (oder Panda Bears modernem Klassiker Person Pitch) fiele mir gerade kein schönerer musikalischer Begleiter für den Frühling ein als dieser Tonträger. Man könnte sagen, er hat schwer zu tragen, obwohl sie es einem doch garnicht schwer machen wollen. Nach eigenen Aussagen verbrateten die Gebrüder Bell hier pro Song gerne mal 25 bis 50 Spuren. Bei so viel schimmernder Vielschichtigkeit wäre Gesang nur desillusionirend und entsprechend gibt es auch keinen.

Rest Easy/ Age Kindly weist in die warme Analoghöhle (Keyboards zuhauf, ein Schlagzeug steht auch drin) mit elektronischer Ausleuchtung, wenn gerade nicht total die Sonne reinknallt. Dem ganzen Album haftet eine Erhabenheit und feierliche Stimmung an, die ich auch in den meist als nordisch-melancholisch verorteten Album Leaf finde. Und siehe da, deren Jimmy Lavelle war hier auch mit von der Partie. Passt perfekt. Die Songs von Lymbyc Systym digitieren aber in ihrem Verlauf mehrfach und können auch polyrhythmisch und überhaupt ziemlich perkussiv teilweise, analog und auch programmiert, wenn ihnen danach ist. Ein Wald fabulöser Fabelwesen, man denkt auch an jene euphorischen (instrumentalen) Momente von Broken Social Scene, oder natürlich an die Heroen des nicht so dramatischen Postrocks, Tortoise. Wenn die Beats wirklich mal exotischer werden kommt mir auch wieder Kelpes letztjähriges Aquariumalbum in den Sinn. Und obgleich all diese Referenzen als naheliegende Eckpunkte erscheinen, liegen Plagiatsvorwürfe fern.

Man kann nur hoffen, dass sie nicht der scheinbar Genre-üblichen Krankheit verfallen, sich am Ende auf drei verschiedene Songmuster festzulegen und dort nach Perfektion zu suchen. Raffinierte, gerade genug zurechtgeschliffene Hemdsärmeligkeit ist ihr Ding.

8/10

Sonntag, 15. März 2009

Gibberish

Let me use this cloudy Sunday afternoon to first drop a few lines about the album that started me blogging in the first place and my personal favourite of all times: Wilco's 'Yankee Hotel Foxtrot'. In the disorientating, unsure beginnings of a new relationship that would become extremely important to me, I discovered the beauty that is YHF. It's been sitting on my shelf for months by then, more or less ignored, and very much suddenly I found myself wondering what the hell is going on on this album. It's intimate, perfectly recorded, creative, moving, disjunctured and beautiful. I know I should stop praising Jim O'Rourkes skills all the time, but when I recently turned to Wilco's 'Being There' album and listened to the first song 'Misunderstood', it seemed so perfectly clear how well the band and O'Rourke work together. The song tries a lot of the noise and breaks that would later be found on parts of YHF, but in the end it sounds like a band deliberately destroying a song. This can be nice at times, but not here. It just feels like a sum of parts. Now on YHF, you never get that feeling. It's always one piece, every sound stays where it ought to be and has developed a friendship with the sounds surrounding it. And I believe Jim helped a big deal here.

Recently I got the newsletter by Flight13, a german record mailorder, which inspired me looking for some new tunes to add to my collection. It was a rather disheartening process. I sure found some cool sounding noisy stuff like the 'Blk Jks' with their totally crazy drummer, the krauty 'Mi Ami' and classic Dischord-style 'Sholi', but it's all just cool, artsy stuff you can like, but probably not fall in love with. I tried last year's 'Fleet Foxes', but they don't reach me. There's not much more depressing than not finding albums you'd absolutely want to have. I really wanted Tujiko's 'Hard ni sasete' and I really wanted the new Animal Collective on vinyl, and they're both pretty good, but I need more, new, creative stuff I might listen to more than ten, twenty times. Still searching.

Right now I'm giving Sonic Youth's classic 'Daydream Nation' a spin, an album that despite being a fan I never understood the fuzz about. For example, I can only like 'Teen Age Riot' on the first spring days. And 'Candle' is nice and all, but oh well... Jutta Koeter's liner notes are really good by the way, when I read them I had to listen to the album immediately. Next month there'll be a concert in Munich and the more I'm realizing this, I start freaking out. Seeing them on the Hurricane Festival in 2007 was a (day)dream come true and seeing them again is this year's highlight for sure. They're also releasing a new album in June. I'm yet a bit sceptic but then again, they just can't disappoint me.

Also getting interested in creative recycling and the likes. Here's some PET jellyfish for my girlfried, who likes... jellyfish.

Sonntag, 8. März 2009

Neues zum gedruckten Wort

blauäugig in tokio Titel: Blauäugig in Tokio

Medium: Buch, 291 Seiten

Autor: Niall Murtagh

Version: deutsch, beim Ullstein Verlag

erschienen: GB 2005, Deutsch 2008

Genre: Kulturführer

Bücher, die das ach so verrückte Alltagsleben in Japan beschreiben, oder in den meisten Fällen eher karikieren, scheinen in Deutschland ja ganz gut anzukommen. Zumindest wenn man sich Christoph Neumanns „Darum nerven Japaner“ ansieht, welches schon so einige Auflagen hinter sich hat. Niall Murtaghs Beschreibungen seines Lebens als Salaryman bei Mitsubishi sind zwar hierzulande untertitelt mit „Meine verrückten Jahre in Japan“, doch glücklicherweise wird uns die Überexotisierung des Landes und das Aufzählen allzu vieler bekannter Klischeebilder erspart.
Murtagh, gebürtiger Irländer, hat einen interessanten Background als Abenteurer und Weltenbummler, vor dem seine Zeit als erster 'Angestellter auf Lebenszeit' in den grauen Gemäuern eines japanischen Megakonzerns umso besonderer wird.

Seine Arbeitswelt schildert er ausführlich, von den eigenen Bräuchen bei Mitsubishi über den Umgang mit ihm als Ausländer bis hin zu allgemeinen Eigenschaften der japanischen Wirtschaft- und Unternehmensstruktur. Für Leser, die sich damit und mit den Gepflogenheiten japanischer Arbeitsplätze auseinandersetzen wollen, sicher eine informative und gleichzeitig angenehm lockere, zuweilen persönliche Lektüre. Ergänzt wird das durch Anektdoten über beispielsweise seine Nachbarn oder die Wohnungssuche, wobei der Fokus doch deutlich auf seiner Arbeit liegt. Über einige Strecken fand ich manche Ausführungen dazu auch leicht ermüdend, andere hingegen recht aufschlussreich. Seine Stellung als perfekt japanisch sprechender Angestellter, seine aufgeklärte Haltung und der eher beiläufig-trockene, nie bissige Humor machen das Buch jedenfalls zu einem wertvolleren Beitrag als vergleichbare Werke, die oft entweder staubtrocken oder einfach nur albern wirken. Insofern für alle, die nicht nur ihre bekannten Alltagsbilder bestätigt haben wollen, eine Empfehlung wert.

Sensational Fix Titel: Sonic Youth etc. - Sensational Fix

Medium: Buch, 720 Seiten

Autoren: Sonic Youth etc.

Version: englisch, Verlag der Buchhandlung Walther König

erschienen: 2009

Genre: Kunstband, Aufsatzsammlung

The Youth has been around for almost three decades now and with each member engaging not only in other musical projects, but different art forms as well, the time has come for an exhibition of the spectrum that has become Sonic Youth and the band's connections to various scenes, creative persons and maybe also underwear. Accompaning the exhibition of the same title, this 720 pages-monster called 'Sensational Fix' takes a collage-like approach at the connective fields associated with SY: essays, anecdotes, album covers, poetry, photos, diaries, pieces of art and a bit of good old information-tables, it's all in here. It's less of a cohesive band-history or anything of that kind, which has already been done before, but more of a sprawl to plunge into, browse through and discover new stuff on any page.

For example, Thurston Moore, the band's first guitarist and singer, would write about 'Noise Fest', a no-wave-festival he organized in New York in 1981, and you will get reviews, flyers and photos on that event as well. Essays about SY and by SY on various subjects widen the view of this collection. Along with the book you get two 7 inch vinyls, each side containing a little piece by each band member done specifically for this occasion. While readers only remotely interested in the band might learn a lot here, I don't reckon they'd be willing to spend the money on this rather pricey item. At the same time, recommending this to fans is not getting as anywhere, as any fan should own this already. Guess I just wanted to let readers know it exists and it's worth the trouble.

Sega no geemu Titel: Sega no geemu wa sekai-ichiiii! (セガのゲームは世界いちいいい!)

Medium: Manga, 136 Seiten

Mangaka: Something Yoshimatsu (サムシング吉松)

Version: japanisch, SB Comics

erschienen: 1999

Genre: Comedy

Das hat dieser Seite ja absolut noch gefehlt: Ein Manga über lebende Sega-Konsolen! Den Titel würde ich übersetzen mit „Segas Spiele sind die Besten der Welt“. Wobei es sich hier allerdings um kein blauäugiges Werk von Fans für Fans handelt, sondern unter anderem gerne Segas mangelnder wirtschaftlicher Erfolg aufs Korn genommen wird. Die Charaktere umfassen etwa die recht brutale Kyasuko (Dreamcast), den großen Bruder Megadora-Anisan (Mega Drive), Satarou (Saturn) und den jüngsten Sohn Gianan (Game Gear), wobei mir die Familienverhältnisse mitunter undurchsichtig bis inkonsequent vorkommen. Eine durchgehende Story gibt es auch nicht, es handelt sich um jeweils ein-seitige Geschichten mit extrem viel krakelig geschriebenem Text, womit das hier für Japanisch-Anfänger ziemlich unlesbar sein dürfte und auch für Fortgeschrittene manchmal schwierig wird.

Was man versteht ist allerdings recht amüsant, zum Beispiel ist der Saturn neidisch auf Nintendos Pokemon-Erfolg und lädt sich das Spiel mit seinem speziellen Kabel auf seine eigene Hardware, woraufhin er „Pikachuuu!“ bellend im Kreis hüpft. Das ganze Konzept ist schon ziemlich beknackt und passt damit zu Sega, die sich selbst nie so ernst genommen haben (siehe „Segagaga“ für die Dreamcast, das hier irgendwann auch mal reviewt wird). Wirklich nur für Fans. Die Ausgabe hier scheint eine Gesamtausgabe zu sein, sicher bin ich mir aber nicht.

kurze Animation zum Manga

Donnerstag, 26. Februar 2009

Katsuhiro Otomos episodische eigenheiten

memories Film: Memories (メモリーズ)

Medium: DVD, deutsch bei Sony Pictures

Laufzeit: 110 min

Regie: Koji Morimoto, Tensai Okamura, Katsuhiro Otomo

Genre: episodisch, SF

Wertung: 7/10

Katsuhiro Otomo kennt man im Westen ja vor allem für seinen Manga und Anime-Meilenstein 'Akira'. 1995 erschien ein weiteres Projekt, das auf seinem Manga-Schaffen aufbaut und drei Kurzgeschichten, realisiert von drei verschiedenen Regisseuren, unter dem Titel 'Memories' vereint.

memo1

Den Anfang macht Koji Morimoto mit der Geschichte 'Magnetic Rose' (彼女の想いで), deren Script von Satoshi Kon (u.a. 'Paprika', 'Millennium Actress') stammt, was sich auch bald bemerkbar macht. In der Zukunft treffen wir auf eine Gruppe von Müllsammlern im Weltall, die ein Notsignal empfangen und gezwungen sind, ihm auf den Grund zu gehen. Zwei der Space-Cowboys betreten eine scheinbar verlassene Raumstation und finden sich plötzlich inmitten einer prunkvollen Schloss-Szenerie wieder. Doch die ist, wie fast alles dort, nur eine holografische Projektion. Es sind Erinnerungen einer künstlichen Intelligenz, einer ehemaligen Opernsängerin, die auch zugleich die Funktionen der gesamten Station in ihrer Hand hält. Die beiden arglosen Helfer werden in ihre bewegte Geschichte eingesogen, bis schließlich ihre Zeit knapp wird, denn das ganze Gebilde ist reichlich instabil.
Die Art, wie die Szenarien der Erinnerungen zusammenbrechen, Albträume entfalten und die kalte, abgewrackte Cyberpunk-Welt bloß geben, nur um sie dann wieder von neuem zu umspinnen: das ist schon absolut typisch für Satoshi Kon; auch wenn die Geschichte selbst von Otomo stammt. Das Segment bleibt dabei spannend, großartig bebildert und eindeutig das emotional ansprechendste der drei Kapitel.

Es folgt die wohlklingend 'Stink Bomb' (最臭兵器) betitelte Geschichte unter der Regie von Tensai Okamura. Ihr fällt die Rolle des lustigen, wenn auch nicht direkt leichtfüßigen Mittelteils zu. Im Mittelpunkt steht ein Angestellter einer biologischen Forschungseinrichtung, der von den Kollegen den tollen Tipp bekommt, gegen seine Erkältung doch mal das Mittelchen vom Schreibtisch des Chefs zu probieren. Leider greift er zum falschen Glas und gerät unbemerkt an ein geheimes Forschungsprojekt: die Pille verwandelt ihn in eine biologische Waffe. Sämtliche Menschen in seiner Umgebung rafft es dahin, während er einen unglaublichen Gestank verbreitet. Und er selbst merkt davon rein garnichts. Er macht sich auf nach Tokyo, während das japanische Militär mit allen Mitteln versucht, den armen Kerl unschädlich zu machen. memo2
Die Story ist ungewöhnlich, jedoch auch eher flach im Vergleich zur vielschichtigeren ersten Geschichte. In erster Linie gibt es hier schwarzen Humor, unterstrichen von eher rustikalem Characterdesign, und jede Menge Action. Nun mag man mich steinigen, aber ich fand schon bei Akira die endlosen Explosionen, Mutationen und was nicht sonst noch auf Dauer ein wenig langatmig und fühlte mich hier entsprechend ähnlich (Akira bleibt natürlich ein toller Film). Als lockerer Mittelteil aber recht nett, man bleibt zumindest neugierig, wie es ausgeht für den bemitleidenswerten Protagonisten... und die japanische Bevölkerung.

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Zum Abschluss nimmt Otomo selbst Platz im Regiestuhl und baut mit 'Cannon Fodder' (大砲の街) die dünnste Geschichte mit den dicksten Bauklötzen. In einer wahnsinnig detaillierten Steampunk-Kulisse verfolgt er eine dreiköpfige Familie, die in einer Stadt lebt, die seit unbestimmter Zeit mit einer anderen Stadt im Krieg steht. Gekämpft wird mit riesigen Kanonen, dort arbeitet der Vater. Die Mutter sehen wir in der Waffenfabrik; der Sohn geht zur Schule und lernt dort die Physik der Kanonen. Das Bild des Krieges als nicht mehr hinterfragten Dauerzustand gelingt Otomo großartig: im Fernsehen läuft neben dem aktuellen Kriegsgeschehen „die Kanonenfamilie“ im Kinderprogramm. Der Sohn findet sie dämlich, fragt seinen Vater: „Gegen wen kämpfen wir eigentlich?“. „Das verstehst du, wenn du älter bist.“.
Neben dem groben, aber unheimlich schwelgerischen Zeichenstil ist außerdem beeindruckend, wie Otomo ohne Schnitte auskommt. Die Kamera zoomt, fährt, gleitet einfach von einer Szene in die nächste, als wäre die ganze Geschichte ein einziger, 21 Minuten langer Take. Das fördert zwar nicht die Aufmerksamkeit, ist aber dennoch eine bemerkenswerte Leistung, die auch mal wieder das Potenzial von Animation an sich aufzeigt. Kein Feuerwerk der Emotionen oder vielschichtigen Charaktere, aber dennoch ein gelungener Abschluss dieser Episodentrilogie.

Das deutsche Release von Sony Pictures bietet als Extra ein Making Of und ist auch in einer 3er DVD-Box zusammen mit Satoshi Kons „Tokyo Godfathers“ und Otomos „Steamboy“ aufgelegt worden.

Freitag, 13. Februar 2009

Tagträumen auf der Dreamcast

nappletale Spiel: Napple Tale – Arsia in Daydream (ナップルテール)

Konsole: Sega Dreamcast

Version: jap.

Erschienen: 2000

Genre: Jump n Run, RPG

Wertung: 8/10


Wahrscheinlich liegt es an dem äußerst großzügigen Review des amerikanischen Gamesite-Giganten „ign“, dass Napple Tale im Kreis der Dreamcast-Importe zu den begehrteren Stücken gehört. Oft taucht lange Zeit kein Exemplar auf und wenn, dann löhnt man in der Regel zwischen 40 und 60€ für ein komplettes Gebrauchtes. Steckt dahinter reine Sammlerfreude oder tatsächlich ein lohnender Spaßbringer?

Sega gibt das Spiel als Action-Rollenspiel aus, was allerdings etwas irreführend ist. Besser beschreibt man Napple Tale als 2,5D Jump n Run á la 'Pandemonium' oder 'Klonoa' mit seichten Rollenspiel-Elementen. Als Mädchen namens Arsia landet ihr in der Napple World, die zwischen der Welt des Lebens, der des Todes und der des Traumes liegt. Um zurückkehren zu können, müsst ihr sogenannte Petals, Fragmente Arsias Wesens (frei interpretiert) finden und nebenbei die Jahreszeiten in das originell betitelte Dorf Napple Town zurückbringen. Zu diesem Zwecke betretet ihr vom Dorf aus diverse Platformer-Level, in denen ihr strohdumme Feinde vermöbelt, diverse Abzweigungen nach Schätzen durchforstet und euch schließlich einem einfachen Bossgegner stellt. Die Level sind sehr ordentlich designt und bergen trotz der relativ engen Pfade viele Geheimnisse und nette Einfälle, so dass das etwas gemächige Gameplay und der kinderfreundliche Schwierigkeitsgrad nicht weiter stören. napplegirl

Zum Reiz trägt auch stark die Atmosphäre bei, an der nicht zuletzt der enorm vielseitige Soundtrack der bekannten Komponistin Yoko Kanno beteiligt ist. So saugt einen das Spiel binnen Minuten in eine andere Welt und das leichtfüßige Gameplay wird zum schlichten Genuss. Wie erwähnt gibt es aber auch einen Rollenspiel-Anteil. Die diversen Items, die ihr in den Leveln ergattert, könnt ihr in einem Minigame in „MIS“ genannte Bestandteile zerlegen. Aus diesen MIS wiederum lassen sich „Paffets“, Pokemon-ähnliche Helferlein erstellen, die euch auf der Reise begleiten, im Kampf helfen oder auch nötig sind, um gewisse Stellen zu erreichen. Letztlich musste ich leider feststellen, dass der größte Teil dieser Kreaturen aber eher nutzlos ist und nur zum niedlich Aussehen taugt (auch gut). Des Weiteren lassen sich mit MIS Apparate herstellen, die ihr oft braucht um gewisse Aufgaben zu erfüllen, welche ihr von Dorfbewohnern aufgedrückt bekommt. Die Dorfbewohner trefft ihr teils auch in den Jahreszeiten-bezogenen Leveln in ihrer Jahreszeiten-Facon; wie etwa den Frosch-Bürgermeister im Winter, dem ihr beim Gelingen seines Winterschlafes helfen müsst. Übrigens mittels Eiscreme...

Sogar ganze Level lassen sich mitunter nur durch Interaktion mit den Bewohnern betreten. Für Japanisch-Unkundige bedeutet das an einigen Stellen entweder jede Menge Herumprobieren, oder mal wieder die Nutzung einer Komplettlösung. Mit fortgeschrittenen Kenntnissen ist es aber locker spielbar. Teils nervten mich sogar manche Dialoge durch ihre Länge und Belanglosigkeit ein wenig.

napplescreen Neben allerlei erstellbaren Wesen könnt ihr mit eingesammeltem Geld auch jede Menge kleine Goodies freispielen, und zwar Musikstücke und Karten. Die letzteren fand ich jetzt außer den Karten mit Artworks nicht besonders freispielenswert oder motivierend. So hängt die Spielzeit dann auch stark von der eigenen Motivation ab, denn die Story habt ihr nach etwa 15 Stunden durch. Wer jede einzelne Schatzkiste öffnen will und Karten sammelt, kommt wohl auf ca. 20 Stunden.

Die fast neun Jahre seit Release sind an dem Spiel nicht spurlos vorübergegangen, schon damals war es wohl kein grafisches Feuerwerk. Dank besagter Grundstimmung fällt das aber weniger stark ins Gewicht und immerhin läuft das Spiel sehr solide bis auf wenige Slowdowns. Gewünscht hätte ich mir etwas mehr Sprachausgabe und auch die Standbildvariante von Vor- und Abspann ist gewöhnungsbedürftig. Jedoch vermute ich kein riesiges Budget hinter dem Titel. Wer nicht mehr als einfach schönes Platforming erwartet und mit ein paar Blicken in die Lösung leben kann, sollte also durchaus nach diesem nicht mehr ganz so geheimen Tipp Ausschau halten und sich von der Napple World verzaubern lassen.

Mittwoch, 11. Februar 2009

monomaniac 2009

Ab heute haust mein ehemaliger Musikblog (gegründet August 2006) unter dem selben Dach wie dieser umfassendere Popculture-blog hier. Das Ergebnis soll sein: ein weiterer Fokus, mehr Aktivität, kurz gesagt; das soll hier alles (noch) viel interessanter werden.
Damit werden auch ein, zwei Layoutänderungen einhergehen.
Auf ein manisches Jahr 2009! 楽しみね!

Update 13.02.09: Neuer Font, neuer Banner, neuer Schnee draußen, neuer Beitrag hoffentlich später.

Donnerstag, 5. Februar 2009

Gedankenstrich

- Ist eigentlich die Mighty Mouse das Schlimmste, was Apple je verbrochen hat? Schon wieder ist mein Scroll-Boppel ("Scrollball") funktionsuntüchtig, verstopft durch minimale Schmutzpartikel (ich wasche mir eigentlich schon die Hände?) und ich darf damit den Tisch bügeln, bis sie sich wieder zum scrollen bequemt. Nach der tollen Alu-Tastatur wäre eigentlich bei der Maus auch mal wieder ein Update fällig, oder?

- Wisst ihr, was ich an diesem blog-Anbieter twoday gerade toll finde? Die Sammelbecken-Funktion. Aus Langeweile mal eben auf den "nächstes Blog lesen"-Button oben rechts geklickt und binnen Minuten merkt man mal, wie vielfältig die Blogosphäre ist. War mir vorher nicht so sehr bewusst, denn wer sucht schon random nach blogs? Jedenfalls: "Ein Seminarweblog aus dem Institut für Volkskunde und Kulturanthropologie der Karl-Franzens-Universität Graz", später ein komplett in Schweizer Akzent geschriebener blog, der blog zum Ortsfamilienbuch Reicholzheim, ein philosophisches Archiv und ein paar hundert blogs mit einem oder maximal zwei Beiträgen. Da kommt man sich fast gut vor.

- Nächsten Monat erscheint in Japan "Space Invaders Extreme 2" für den Nintendo DS. Ich hab zwar meinen letzten DS-Import (Chrono Trigger) noch nichtmal angefangen, freue mich aber dennoch auf neues, buntes Alienfutter. (meine Review zum ersten Teil findet ihr weiter unten)

- Wieso nicht mal eine Seite über Toiletten in Videospielen? here you go
(via: xirdalium)

Mittwoch, 28. Januar 2009

Kaugummikrise

Tujiko Noriko - ハードにさせて

haado ni sasete Tujiko Noriko holds a special place in my music-collection cause she was really the artist that got me into the whole electronic/ downbeat genre, especially its japanese manifestations. Japan has quite an active and interesting scene in that field to be discovered and though not all discoveries might be as original and rewarding as Tujiko was for me, I surely still enjoy browsing the net, in search of that perfect click-clackery beat, warm melancholic soundwaves and those japanese vocals that sometimes still seem so far away to me, though I've long come to understand the bigger part of them and feel slightly embarassed when Tujiko sings that „watashi no o-shiri“-part.

Tujiko is often and unfairly compared to Björk, I guess mostly by music journalists whose knowledge of female artists who have a slightly off-center approach to electronic music and a bit of a mystic space surrounding them doesn't stretch beyond that one icelandic girl. Not to say that my knowledge would that much. Tujiko definitely likes to play with schemes: the nine postcards replacing the booklet on this release show her in casual wear as well as in high heels, show photos of her obviously taken by herself in the bathroom as well as her posing in front of/ on sportscars. You might mistake her singing for shy or reduced at times and part of the lyrics are dreamy images, mostly of going somewhere new (accidental parallel to the german Schlager, but then again to possibly anything written by human beings). Whichever way you might understand (or not understand at all, for that matter) the lyrics, her music definitely never presents a girl unsure of herself or at a loss for words. In contrary, her album "haado ni sasete" discussed here is said to be her most experimental, fragmented piece of work. This is instantly intelligable on the first track, sunahama enjeru ('sandbeach-angel'). As usual, the production has her voice call from afar and whisper to your ear in the next second, at times cutting up voice samples to break them into pieces, just like those poor beats, scattered midair literally like sand. Quite often her songwriting involves looping distorted, dischordant bits to such an extent that it makes them almost sweet, despite the originally rather unusual collection of laptop-sounds or noises. On the first track, she won't make it that easy for you though, resulting in a spectacular yet demanding and probably slightly scary introduction to the album as whole.

Track 2, give face is a lot easier to swallow at first glance but in fact almost ups the weirdness by including raps done by a certain Moyunijumo, who in the beginning sounds like some pervert breathing heavily into a telephone... and remains hard to tolerate for the rest of the track, but that might just be my long-standing discomfort with rap as a whole. Third track hae is also to be found on her collaboration-album with Aoki Takamasa, which made me feel nostalgic for something not even one year old in my personal history. Anyway, both versions derserve to be heard anytime and shown to anyone open-minded you like. Very very lovable stuff here, closer to her more straight-forward later work but more interesting, as in: strange and beautiful, which equals strangely beautiful in my book. I'd like to mention one more track, pengin, which is not only great because it is named 'penguin' and features these fantastic animals in its almost-as-fantastic video I linked below, but also since it brings to perfection the looping songwriting I mentioned above to form some truly spiral-like, hypnotizing image, like M.C. Escher going wild on a glacier. The fact that you can find some soundpieces on this album in her other works gives the whole thing an even more intimate feeling despite the often „cold“ soundscapes. Then again, songs like sen or mugen ressha are just so delicate, they have a folky or ambient feel to them that makes them likeable to those less fascinated by glitches or weird structures.

If you're (like me) a fan of the physical incarnation of music, this one might be a bit tough to dig out since it was released in the west through now-bankrupt Austrian label 'mego' once in 2002 and not (yet?) re-released by the 'éditions mego'-label follow-up. Of course there's still a japanese version out, if you can really get your hands on that one and don't mind the ridiculous pricetag.

Video: Tujiko Noriko - Pengin
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Mittwoch, 14. Januar 2009

Japan 2008: Fotoauswahl!

Zu meiner dreiwöchigen Japanreise, die sich ab Mitte September 2008 von Tokyo über Kyoto bis nach Hiroshima zog, habe ich eine Fotoauswahl auf flickr zusammengestellt.

nihon08

Fotoalbum Japan 2008 - はじめて日本

Krachspielzeug

shinse1 Name: Gakken SX-150

Produktart: Analog-Synthesizer

Hersteller: Otona no Kagaku (Magazin)

Preis: 3360¥

In einem Buchladen in Hiroshima durchkämmte ich gerade die Zeitschriftenabteilung auf der Suche nach der aktuellen Studio Voice, als mir ein Stapel roter Kartons auffiel. Offensichtlich war das nicht nur eine Zeitschrift, denn das vorne abgebildete „Extra“ weckte sofort mein Interesse: ein Mini-Synthesizer! Ich vergaß Studio Voice und brachte das 3360¥ teure Paket zur Kasse.

Tatsächlich handelt es sich bei der Publikation um eine Sonderausgabe der Zeitschrift 大人の科学 (Otona no kagaku, „Wissenschaft für Erwachsene“), die sich auf 126 Seiten mit dem Thema Synthesizer auseinandersetzt. Erklärungen der zugrundeliegenden Technik, ein geschichtlicher Abriss der Entwicklung von Synthies und elektronischer Musik, Interviews mit Musikern und auch Texte zu anderen neuartigen „Instrumenten“ im weitesten Sinne fügen sich zu einem sehr schön gestalteten, theoretisch auch informativen Büchlein zusammen. Theoretisch, weil natürlich komplett auf japanisch. Mit dabei ist auch eine Anleitung zum Zusammenbauen des beiliegenden Analogsynthesizers „Gakken SX-150“.

Richtig gelesen, erstmal will das Teil assimiliert werden. Macht aber garnichts, den Lötkolben könnt ihr stecken lassen! Ein wenig Schrauben und Stecken, vier gängige AA-Batterien eingesetzt und fertig ist der kleine Krachmacher. Als Instrument würde man ihn in diesem Zustand kaum bezeichnen können. Töne bekommt ihr durch Kontakt des Stiftes mit dem Metallpanel, per Drehknöpfen manipuliert ihr einige Toneigenschaften wie Attack, Decay oder LFO Rate. Damit lassen sich schon einige Töne erzeugen, nur eben keine tonale Musik spielen. Etwas mehr Abwechslung verspricht das Anschließen einer externen Tonquelle wie etwa dem Mini-Teremin, das der vorhergehenden Ausgabe beilag. Mit anderen Quellen als dieser (ich besitze das Teremin nicht) könnte man allerdings Probleme haben: Der kleine Gakken ist ein gieriger Bursche und verlangt sehr starke Signale, ein Verstärker ist praktisch Pflicht! Aus Mangel des entsprechenden Adapters konnte ich bislang nur versuchen, den Vorverstärker vom Plattenspieler zu zweckentfremden, was ganz gut funktioniert. Wobei es auch hier auf das Signal ankommt, teilweise kriegt ihr nur Rauschen, dann wieder faszinierende Klänge. Macht auf jeden Fall Spaß, wenn man es mal hinbekommt!





Was die Verarbeitung angeht, so fällt zunächst mal der nicht so tolle Lautsprecher auf. Da ihr aber auch eine Output-Buchse habt, stört das nicht groß, zumal der Sound dann erstaunlich gut wird. Etwas billig wirkt das Fehlen eines echten Bodens, lediglich eine Pappscheibe schließt das Gerät unten ab. Dann wiederum stellt sich aber auch die Frage, was man von einem so günstigen Kit erwarten will. Was mir extrem gut gefällt ist, wie bereits in der Zeitschrift zum Modifizieren angeregt wird, unter anderem mit einem Beitrag von Maywa Denki. Diese Förderung der Aneignung von Technologien findet man so explizit nur selten und hat hier auch außerhalb Japans, wie diverse englischsprachige Seiten beweisen, Anklang gefunden. Einige Mods habe ich unten verlinkt. Wer sich dieses nette Spielzeug auch gerne holen möchte, wird z.B. für 55$ noch beim Shop makershed fündig, auf ebay sah man das Teil schon für über 100€ weggehen. Ein Instant-Kult-Produkt sozusagen.

Links:
Offizielle Seite inkl. Videos
Video zur Ext. Source und Audioausgang des SX-150
Button-mod bei "Make Blog"
Video von einem Keyboard-Mod

Montag, 22. Dezember 2008

Welch seltsam Gebräu

Ach so, in Japan war ich ja auch dieses Jahr. Blog-relevant? Ja, war aber zu faul für nen Reisebericht. Ein flickr-Album gibt es Anfang des neuen Jahres, vorher noch zwei Konsumposts, denn die müssen sein, ist schließlich Japan!

Weil ich schon von klein auf eine Vorliebe für Getränke hatte, die nicht jeder Supermarkt im Sortiment hat (was waren die ersten Red Bull Dosen aus Österreich nicht für eine verrückte Sache!), war Japan mit seiner riesigen Angebotsvielfalt und den wirklich omnipräsenten Getränkeautomaten natürlich ein echtes Traumland. Im folgenden schnell zusammengeschnippelten Riesenbild könnt ihr die netten Flaschendesigns bewundern und darunter sind meine Erfahrungen dokumentiert.

japanese drinks

1. Iyemon-Cha (伊右衛門茶)
Wie alles mit einem "Cha" im Namen handelt es sich um Tee, und zwar um die gängigste Variante, den grünen. Hier in seiner kalten Form und wie ich finde ein besonders leckeres Exemplar. Mit dem Kraut, das hier im Westen im Eisteeregal steht und unter "grüner Tee" läuft, hat das japanische Pendant zum Glück wenig gemein. Weniger süß, auf den ersten Schluck vielleicht etwas "wässrig", aber der etwas subtilere Geschmack ist wirklich erfrischend. Für mich ein Dauerbegleiter. Kommt übrigens von Suntory, einem der größeren Getränkeproduzenten des Landes. Kostenpunkt: 150 Yen. Als Bonus bekommt man evtl. ein Plastikmodell eines Zugwaggons. Die kann man natürlich sammeln und sich nen Zug samt Bahnsteig zusammenstellen.

2. Boss Coffee Rainbow Mountain Blend (レインボーマウンテンブレンド)
Ich will ja immer "Rainbow Island..." schreiben, weil ich das grad auf dem Mega Drive spiele. Aber das ist ein anderes Thema. Kalter Kaffee, gibt es ja mittlerweile auch in Deutschland von ein paar Herstellern, jedoch weit entfernt vom Werbekrieg und Wettkampf auf dem japanischen Markt. Ist dort etwas weniger stark gesüßt, dafür ähnlich teuer. Gibt es wie zu erahnen von zig Firmen in zig Varianten, ist ungesund und somit ne tolle Sache. Eine kleine Dose kostet euch am Automaten oder Konbini ca 120 Yen. Die Namen der Brands zeugen von Selbstbewusstsein: Neben Boss (beworben von Tommy Lee Jones) gibt es zum Beispiel auch God Coffee.

3. Meibii (めいびい)
Meibii ist nach meiner tollkühnen Einschätzung eine Mischung der Wörter "meido" (メイド), also "Maid" und "biiru" (ビール), "Bier". Gekauft habe ich das Zeug in Akihabara, Tokyos Elektronik- und Nerd-Viertel, wo auch sonst? Echtes Bier scheint es jedenfalls nicht zu sein, obwohl ich ja die "Erwachsenengeschmack"-Variante (オトナの味) gewählt habe. Schmeckte eher wie zusätzlich gesüßtes Malzbier, was ja auch zu der ganzen süßlichen bis bescheuerten moe-kawaii-meido-Kultur passt. Nen Versuch war es wert. Kostenpunkt verdrängt, schätze so 160 Yen pro Flasche.

4. Wasabi Ramune (わさび・らむね)
Ramune wird ja teilweise auch nach Deutschland importiert, die Limo mit dem spaßigen bis Sauerei-gefährlichen Murmelverschluss und geschmecktem dreifachen Zuckergehalt. Von der Geschmacksrichtung (?) Wasabi war nun das abartigste Getränk meiner Reise zu erwarten, jedoch... schmeckte es ziemlich gleich wie normales Ramune. Eine Enttäuschung.

5. The Premium Calpis (ザ・プレミアム・カルピス)
So, und wer kennt nun hier kein Calpis? Gibt es hier auch schon mal zu kaufen, freilich zu Mondpreisen. In Japan war mein erstes Automaten-Getränk standesgemäß ein Calpis, am ehesten vorstellbar als süßes Joghurtgetränk ohne Joghurtkonsistenz, aber doch zu eigen um es beschreiben zu können. Das Premium-Calpis kostet etwas mehr, wird edler aufgemacht und ist in erster Linie dickflüssiger. Ich fands okay, bleibe aber beim Original.

6. Chichiyasu (チチヤス)
Keine Ahnung, was dieser Name zu bedeuten hat. Das Getränk ist eine süßere Calpisvariante, vielleicht etwas joghurtiger. Als Extra gibt es ein Schwammdingens mit dem man sich laut Anleitung die Fingernägel polieren kann. Ging ganz gut. Die Verpackung find ich ja zuuu niedlich.

7. Soukenbi-Cha (爽健美茶)
Wadoku.de gibt an: "{Tee} Sōkenbicha (Softdrink und Wz. der Coca-Cola Company)." Immer schön, im Nachhinein festzustellen was man zu sich nahm und wo der böse Megakonzern seine Finger im Spiel hat. Ist mal wieder Tee, ich glaube Weizentee, jedenfalls deutlich herber als der andere Kram. Ich fand es ekelhaft gesund-schmeckend.

8. Dakara 0 Style (ダカラ?)
Dakara ist einer dieser eher süßen Isotonikdrinks wie das gute, alte Gatorade. Der Name könnte "Deshalb" bedeuten und auf "karada", "Körper" anspielen, wobei ich mir aber nicht so sicher bin. Zero Style, jetzt noch gesünder, zwinker zwinker. Ich fand es knorke. Suntory, mal wieder.

9. Seicha? (生茶)
Schon wieder grüner Tee, dieser war der einzige den es in der Lobby meines Hotels in Kyoto gab und damit für eine Woche mein Standardtee abends. Gibt auch bessere, aber der Verpackung wegen hab ich ihn trotzdem mit reingenommen: Der Panda bewirbt den großartigen Vorteil dieses Getränks: Schon bevor man sich am Geschmack ergötzen kann, bietet der leichtgängige Drehverschluss Anlass zur Freude.

10. Asahi Super Dry (朝日スーパドライ)
Bier wird in Japan gerne und viel getrunken, was mich angesichts der deutlich höheren Preise dort etwas wundert. Gut ist es aber, das sei hiermit von einem Schreiber bayrischer Herkunft abgesegnet. Im Land der so wichtigen Jahreszeitenbezüge sei auf der Dose nochmal erwähnt: "all year round you can enjoy the great taste of asahi beer!"

11. Uji-Cha (宇治茶)
Wadoku.de klärt wieder auf: Uji ist eine Stadt in der Präfektur Kyôto und für hochwertigen Tee bekannt. Sowohl die hübsche Flasche als auch der wirklich leckere Inhalt wissen zu gefallen. Die Gestaltung hat die Flasche in diesem Fall dem tausendjährigen Jubiläum des Genji Monogatari, eines extrem bedeutenden literarischen Werkes und, je nach Ansicht, ersten Romans der Weltgeschichte, zu verdanken. Das Jubiläum wurde 2008 in Kyôto mit verschiedenen Feiern bedacht. Habe diese Flaschen leider auch nur in einem Teil Kyôtos gesehen, was andererseits bei meinem kurzen Aufenthalt nicht viel zu sagen hat.

12. Fanta Grape (-)
Fanta mit Traubengeschmack. Hat mich nicht überzeugt, extrem süß und künstlich, Gummibärchen in flüssig. Und das geht sogar noch extremer: In kleineren Dosen gibt es eine Fanta-Abart, die man erstmal kräftig schütteln sollte. Ich war mir unsicher, ob ich die Anweisung richtig verstanden hatte und schüttelte eher vorsichtig, denn wer schüttelt schon eine Fantadose? Leider war innen eine Art Wackelpudding, den man wohl durch Schütteln auflösen kann. Astronauten-Fanta oder so, jedenfalls nicht mein Liebling.

Samstag, 8. November 2008

Grenzgänger

Stars Of The Lid - And Their Refinement Of The Decline

sotl Wenn der Gründer des feinen 4AD-Labels von einer Band meint "I simply feel that they are making the most important music of the 21st century." dann wird das 1. überall zu Werbezwecken genutzt werden (oder als einfallslose Einleitung) und 2. gewisse Erwartungen an etwas Außergewöhnliches wecken. Und außergewöhnlich sind Stars of the Lid ja auch. Außergewöhnlich wichtig oder außergewöhnlich schön oder außergewöhnlich fortschrittlich vielleicht? Auf jeden Fall nicht sehr bündig, hier 120 Minuten auf wahlweise zwei CDs oder drei LPs, die sich nach bester 'Bohren & der Club of Gore'-Manier vornehmlich der Abstinenz musikalischen Geschehens widmen.

Und dabei den Hörer zudem im Gegensatz zum Club nicht in den kalten Keller schicken, sondern in Watte einwickeln bis zur Unbeweglichkeit. Nicht im entferntesten nach Gitarren klingende Gitarren sowie Bläser verschmelzen in vollkommener Homogenität zu herein- und herausschleichenden Klangwellen, werden leicht moduliert und selten auch ergänzt, etwa von einem vorsichtigen Piano wie im besonders tollen 'Apreludes (in C sharp major)'. Am überraschendsten fand ich dabei, dass sich trotz der klaren Linie (man kann auch sagen: kaum vorhandenen Abwechslung) kein ganzheitlicher, übergroßer Soundklotz entsteht, den sowieso kein Mensch in seiner Gesamtheit aufmerksam verdauen könnte. Tatsächlich finden sich hier einige „Songs“ (oha!), die qualitativ klar hervorstechen und einen von gerade ausgeübten Tätigkeiten ablenken können. Wobei das auch mit darin begründet sein könnte, dass man bei drei LPs öfter mal wechseln muss und die Songs automatisch in Gruppen kennenlernt und vielleicht aktiver zuhört. Die Frage nach dem Hörkontext stellt sich hier natürlich mehr als etwa bei dem letzten Album von the Locust. Geht das, dem Ambient so richtig zuhören? Und wenn nicht, was ist derart bescheidene Musik wert, die nur in Hintergründen existiert oder funktioniert? Man bewegt sich hier auf dem schmalen Grat zwischen gähnenden Abgründen der Belanglosigkeit auf der einen Seite, jedoch auch einer ernstzunehmenden Herausforderung für den Liebhaber auf der anderen.

Denn in all seiner Ruhe ist das hier auch ein wenig anarchisch komponierter Irrsinn, der in langen und garnicht so wiederholungsträchtigen Melodieführungen ein gewisses Zukleistern der Lücken seitens des Hörers verlangt und natürlich nichts mit Albernheiten wie Refrains am Hut hat. Die Musik scheint nicht als Geistesblitz kreativer Köpfe unbedingt nach außen dringen zu wollen, auch ist akribische, humorlose Arbeit daran vorstell-, jedoch nicht hörbar. Vielmehr scheint sie aus sich selbst zu entstehen, einfach so da zu sein, so dass als einziges Adjektiv überhaupt „natürlich“ sie treffend beschreiben kann. Ein wenig wie im Japanischen, wo die 'Natur', etwas seltsam, als shizen 自然 ihrem Namen nach ganz ursprünglich gedeutet „von sich selbst so ist“. Nicht für irgendwen oder einen bestimmten Zweck, so profan das alles ist, aber wunderschön und von einer unkomplizierten Emotionalität (wenn es so etwas gibt). Die Band scheint dem beizuwohnen mit wohlwollend guter Laune, vergibt Titel wie „Articulate Silences“ oder „Hiberner Toujours“ und lässt ein Album entstehen, das Zeit und andere Dringlichkeiten marginalisiert. Ein Schelm, wer hier Zahlen zückte.

(ohne Bewertung)

Jim O'Rourke, Akira Sakata, Yoshimio - Hagyou

hagyou Ein Blick auf meine „Zuletzt gekauft“-Liste rechts in letzter Zeit könnte es verraten: Der gute Jim O'Rourke hat es mir ziemlich angetan. Wer als Soundtüftler nicht unwesentlich beteiligt war an zwei meiner Lieblingsalben, wer in meiner Lieblingsband spielte und die Hälfte der ebenfalls tollen Gastr del Sol darstellte und nicht zuletzt auch solo von beeindruckenden Laptop-Improvisationen bis einschmeichelndem Folk irgendwie alles kann... der darf sich dann auch aussuchen, mit wem er sonst noch künstlerisch kollaboriert.

Die Japaner scheinen Jim auch knorke zu finden, denn auf diesem Album gesellten sich Multiinstrumentalist, hauptberuflich Saxophonist Akira Sakata sowie Yoshimi (of Boredoms fame) dazu, der sich prompt noch ein „o“ an den Namen hängte, vielleicht weil ihm das von Jim so gut gefallen hat.

Die Spinecard verspricht スタティックな音の世界, also wörtlich eine „statische Tonwelt“, was mir nicht einleuchtet. Obwohl hier Tonwelt schon ein passendes Wort ist, kann man an den maximal beweglichen fünf Konstrukten hier wenig Statisches finden. Wenn überhaupt, dann ist alles so konsequent in Bewegung, dass dieser Zustand selbst statisch wirkt. Im Vergleich zu Stars of the Lid, denen ich oben einen gewissen Anspruch an den Hörer andichtete (und wo mir nicht jeder zustimmen wird), wirkt dieses Werk noch um einiges fordernder. Obwohl es kaum aggressive Züge trägt, wird es doch Hörgewohnheiten herausfordern und sich für Manchen an der Grenze des übertriebenen Abstraktionsgrades bewegen, gerne mit dem Free Jazz-Genre assoziiert. Dazu wird auch Sakatas Saxophon, das Sakaphon, ordentlich beitragen, steht es doch oft im Mittelpunkt und hat als Instrument für mich persönlich erhöhtes Nervpotenzial. Doch das Sakaphon mag das Atonale gar nicht so gern und es befindet sich, vor allem wenn mit Kopfhörern konsumiert, in wunderbarer Gesellschaft.

Jim spielt eine herrlich lofi-wummernde, teils etwas bluesige Gitarre, die mich sofort an seine Sonic Youth Zeit (SYR3) denken lässt, und auch seine Elektronikkiste hat er wieder ausgepackt. Mal zieht er gezielt den gewünschten Tiefton heraus, mal hat er sie nicht aufgeräumt und verwirrt angenehm. Yoshimi-O spielt Pian-O, wie die andern beiden übrigens auch, und schreisingt dazu in einer Fantasiesprache, mehr perkussiv als melodietragend könnte man sagen. Und falls das jetzt alles nach abstrusem Soundgewirr oder pseudo-intellektueller Pitchfork-Musik klingt, kann ich zum Glück widersprechen. Denn 1. ist Jim ein verdammtes Genie wenn es darum geht, die Soundbausteine jeglichen musikalischen Inputs, und komme er aus noch so verschiedenen Richtungen, richtig aufzutürmen bis ein sonderbar dreidimensionales Gebilde entsteht. Und manchmal zieht er auch was raus und das funktioniert frecherweise ebenfalls. Jim spielt bestimmt auch gern mit sich allein Jenga.

Neben Jenga-Jims Fähigkeiten sei 2. gesagt, dass es sich hier um erstaunlich zielstrebige Kompositionen handelt. Es bedarf zwar sicher ein paar Hördurchgängen mehr, aber was alleine im zweiten Track, 'A vessel on a foggy night' steckt, ist das schon wert. Die ersten zwei-einhalb Minuten scheint hier alles in der Luft zu hängen, ehe mit ein, zwei Gesten die ganze Stimmung kippt, mit der Tür ins Geisterhaus. Da verzeih ich ihnen auch, dass sie im etwa 18 Minuten langen dritten Track das Sakaphon eine Zeitlang vom Atonalvirus befallen lassen. Denn die in dieser Kombination recht originellen Zutaten und die Edelproduktion machen das Album wirklich interessant und hörenswert, was eine 8/10 auf jeden Fall rechtfertigt. Für eine 9 müssten es mir dann doch mehr Tracks sein, die nicht nur musikalische, sondern auch emotionale Qualitäten besitzen.
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content: Philipp Klueglein 2006-2013
Fonts used: Baskerville, Futura, 'Cardboarder' by kix, 'Frigate True Type Katakana 3D'

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